: Kein Interesse an Risikokapital
■ Die Commerzbank sagte überraschend die Versteigerung des Wohn- und Kulturprojekts Köpenicker Straße 137 ab. Für das besetzte Haus konnte sich kein Käufer erwärmen
Die Köpenicker Straße 137 in Mitte bleibt unverkäuflich. Nachdem bereits im Februar ein erster Versuch gescheitert war, das ehemals besetzte Gebäude zwangsweise zu versteigern, wurde nun auch der für den 2. November angesetzte zweite Anlauf abgesagt. „Es fand sich kein echter Bieter“, sagte Commerzbank-Sprecher Hans-Joachim Lorenz zur Begründung. Nach der Pleite des Eigentümers Volkhart Petersen hat die Commerzbank als Hauptgläubiger die seit 1990 besetzte Immobilie übernommen.
Die rund 40 Bewohner der „Köpi“ können nun erst einmal aufatmen. Im Falle einer Versteigerung hätten sie fürchten müssen, dass das Wohn- und Kulturprojekt trotz bestehender Mietverhältnisse von der Polizei geräumt wird. Grund für diese Befürchtung ist ein Gutachten des Amtsgerichts Mitte, das die Bewohner als Besetzer ohne Mietverträge bezeichnete und die Kosten für eine eventuelle Räumung schon einmal auf 100.000 Mark taxierte. Mit dem Gutachten wollte das Gericht bereits vor dem ersten Versteigerungstermin potenzielle Investoren locken. Die Bewohner ihrerseits beantworteten diese Überfallstrategie mit der Parole: „Köpi bleibt Risikokapital“.
Diese Botschaft ist bei den Adressaten offenbar angekommen. „Was soll man denn machen, wenn keine Käufer da sind“, meinte Commerzbank-Sprecher Lorenz und verwies auf den darniederliegenden Immobilienmarkt. Fast vier Millionen Mark betragen mittlerweile die Ausstände, die Pleitier Petersen der Bank hinterließ. Der Verkaufspreis von 5,4 Millionen Mark für den Gebäudekomplexes wurde nach dem Versteigerungsversuch im Februar um ein Drittel gesenkt. Doch selbst das blieb, trotz bestehender Baugenehmigung für den vorderen Teil des Grundstücks, ohne Erfolg.
Wie es nun weiter geht, kann auch Banksprecher Lorenz nicht sagen. „Wir suchen eben weiter nach Interessenten“. Über weitere Senkungen des Kaufpreises wollte Lorenz keine Auskunft geben. Eine Eigenvermarktung, bei der die Commerzbank als Projektentwickler auftritt, schloss er aus.
Für die „Köpi“ selbst ist die Absage der Versteigerung nicht mehr als ein Teilerfolg. Am liebsten wäre es den Bewohnern des laut Eigenwerbung „größten unkommerziellen Hausprojekts der BRD“, wenn sie einen unbefristeten Nutzungs- oder Pachtvertrag bekämen – von wem auch immer. Auch an einer für Samstag angesetzten Demonstration gegen die Versteigerung wollen sie festhalten. Schließlich soll auch weiteren Kaufinteressenten die Botschaft vom „Risikokapital“ nahe gebracht werden. Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen