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Wenn's um die Wurst geht: Herkunftsstempel verlangt

■  Nach EU-Empfehlung für freien Handel mit britischem Rindfleisch: Grüne Ministerinnen Andrea Fischer und Bärbel Höhn verlangen eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch. Länder fordern weiterhin Exportstopp

Berlin (taz) – Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn macht sich dafür stark, dass Verkäufer von Fleisch möglichst bald dessen Herkunft deklarieren müssen. Im Gespräch mit der taz nannte sie es absurd, dass die Europäische Union (EU) das Exportverbot für britisches Rindfleisch endgültig aufheben will, eine Kennzeichnungspflicht aber um drei Jahre verschoben hat. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) betonte ebenfalls die Bedeutung einer genauen Kennzeichnung. „Jeder muss an der Ladentheke erkennen können, wo das Fleisch, die Wurst oder der Pizzabelag herkommen“, sagte sie. „Diese Transparenz, die der Verbraucher für seine eigenverantwortliche Entscheidung benötigt, ist unverzichtbar.“

Zugleich setzt Höhn sich zusammen mit Kollegen aus sechs anderen Bundesländern dafür ein, dass das Exportverbot für britisches Rindfleisch aufrechterhalten wird. Im taz-Interview sagte sie, man habe durchaus noch Zeit zu versuchen, die EU mit guten Argumenten zu überzeugen. 50 Menschen seien bisher an BSE gestorben, sagte Höhn. Sie werde deshalb weiterhin gegen den Import von britischem Rindfleisch und für den Verbraucherschutz kämpfen.

Am Freitag hatte eine Expertenkommission der EU empfohlen, das wegen der Rinderseuche BSE erlassene und bereits im August gelockerte Exportverbot endgültig aufzuheben. Brandenburgs Landwirtschaftsminister Wolfgang Birthler (SPD) kündigte daraufhin an, der „Bundesregierung bei einer möglichen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof Rückendeckung zu geben“. Die Mainzer Umweltministerin Klaudia Martini (SPD) bezeichnete die Lockerung als „unverantwortlich“. Auch Schleswig-Holstein sprach sich für eine Fortsetzung des Importstopps aus.

Zuvor hatte schon Frankreich den Import britischen Rindfleischs weiterhin verwehrt. Bevor am Exportstopp für british beef gerüttelt werde, müsse die Regierung das Thema „genauestens“ erörtern, sagte der französische Premierminister Lionel Jospin in Reaktion auf die EU-Empfehlung am Sonntag.

Zwischen Frankreich und Großbritannien war es durch den französischen Beschluss bereits zu einem heftigen Konflikt gekommen. Dieser habe „eine Dimension angenommen, die wir uns so und mit einem befreundeten Land nicht gewünscht haben“, sagte Jospin. Ein ähnlicher Konflikt ist absehbar, wenn auch Deutschland sich entgegen der EU-Linie gegen neue Importe abschottet. Großbritannien exportierte 1993 allerdings lediglich 1.700 Tonnen Rindfleisch nach Deutschland, insgesamt importierte die Bundesrepublik damals 500.000 Tonnen.

In dieser Woche wollen Bund und Länder „eine gemeinsame Bewertung“ finden, sagte Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer. Union und FDP waren zunächst nicht zu einer Stellungnahme bereit. Bernward Janzing

Bericht und Interview Seite 2

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