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Minister sucht mannhafte Bürger

■  Mit einer „Geistigen Bürgerwehr“ will Schönbohm gegen die rechte Stimmung in Brandenburg mobil machen und die „Nester gewaltbereiter Rechtsextremisten“ heimsuchen

Kann einen Jörg Schönbohm etwas erschüttern? Offenbar hat der frisch gewählte CDU-Innenminister Brandenburgs sich die rechte Welt des Ostens nicht so extrem vorgestellt, wie sie ihm während des Wahlkampfs begegnete. Unangenehm sei es bisweilen gewesen, doch er habe etwas gelernt. „Nämlich: dass die Behauptung, in Brandenburg gibt es Rechtsextremismus, keine Behauptung ist, sondern Tatsache.“ So formulierte es Schönbohms Sprecher Manfred Füger im Gespräch mit der taz. Und gegen diese rechte Stimmung will der Macher Schönbohm, der als Berliner Innensenator gerne gegen die Linke vorging, etwas unternehmen. Schönbohm nennt das „Geistige Bürgerwehr“.

In Zukunft sollen zur Bekämpfung der rechten Grundstimmung „zusammen mit speziell ausgebildeten Polizisten beherzte Einwohner einer Kommune die Nester gewaltbereiter Rechtsexremisten aufsuchen und diesen ins Gewissen reden“, formulierte Schönbohm im Tagesspiegel. Er selbst wolle sich in Zukunft mehr vor Ort begeben und diskutieren – dort, wo die rechtsextremistische Szene den Ton angibt.

Die Lehrer in den Schulen sollten zudem mehr Toleranz lehren. Es gehe um eine Bewusstseinsveränderung in der Bevölkerung. Bislang sei es „um des guten Rufes willen auch bei vielen Bürgermeistern üblich gewesen, rechtsextremistische Tendenzen und Taten herunterzuspielen und zu verschweigen“, so Füger. Damit müsse Schluss sein. Schönbohm markig: „Es muss möglich sein, im Lande genügend mannhafte Bürger zu finden.“ Es gehe aber nicht darum, Bürger wie freiwillige Sheriffs patrouillieren zu lassen.

Der innenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin, Wolfgang Wieland, begrüßte die Überlegungen Schönbohms. Schönbohm sei zwar immer ein deutscher Nationalist gewesen, aber kein Nazi. Er habe in seiner Berliner Zeit allerdings mit „verheerenden Äußerungen der rechten Szene geholfen, hoffähig zu werden. Bisweilen hat er nicht begriffen, dass Rechtsextremismus nicht nur als Skinhead, sondern auch in Krawatte daherkommt.“ Dennoch sei Schönbohm immer jemand gewesen, der offen für Argumente von verschiedenen Seiten gewesen sei. „Er macht sich ein Bild und packt dann zu“, beschreibt Wieland die Herangehensweise des Politikers. In Berlin habe das allerdings oft zu „falschem Zupacken“ geführt.

Die Gedanken Schönbohms, die Bürger stärker mit in die gesellschaftliche Verantwortung im Kampf gegen Rechtsextremismus einzubeziehen, sei unterstützenswert. „Das ist ein Kiez-Ansatz, der auch in Berlin funktionieren kann.“ Allerdings dürfe die Repression durch Polizei und Staatsgewalt nicht fehlen.

Der Berliner PDS-Abgeordnete Benjamin Hoff zeigte sich skeptischer. Man müsse zunächst fragen, ob das Konzept nicht „heiße Luft“ sei. Grundsätzlich sei Schönbohms Ansatz aber nicht falsch. Allerdings müsse sich der Innenminister zunächst selbstkritsch fragen, ob er nicht mit seinen Äußerungen auch „geistige Brandherde“ gelegt habe. Hoff: „Es ist aber ein enormer Fortschritt, dass Rechts- und Linksextremismus in Brandenburg nicht mehr gleichgesetzt werden. Endlich wird Rechtsextremismus als Problem erkannt.“ Annette Rollmann

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