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Rot-grüner Verkehr ist abgehakt

Bundeskabinett bessert Investitionsprogramm zugunsten der Schiene nach. Der große Durchbruch für die Bahn ist dennoch nicht erkennbar  ■   Aus Berlin Bernward Janzing

Die Bundesregierung hat auf Drängen der Grünen beschlossen, den Koalitionsvertrag nicht mehr gänzlich zu ignorieren: Gestern entschied das Bundeskabinett, die Benachteiligung des Schienenverkehrs bei den Investitionen geringfügig zu reduzieren. Von einer Gleichstellung von Schiene und Straße, wie sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde, kann aber noch immer keine Rede sein.

Während der Bund für den Bau und den Unterhalt von Straßen in den Jahren 1999 bis 2002 rund 32 Milliarden Mark ausgeben will, bleiben für die Schiene nur 29 Milliarden. Und selbst diese Relation gelingt nur, indem man mit einigen Buchungstricks den Etat der Bahn scheinbar erhöht. So wurden die Investitionen für die Kreuzungen von Straße und Schiene in Höhe von 800 Millionen Mark kurzerhand vom Straßen- auf den Schienenetat umgebucht.

Ein Fortschritt gegenüber früheren Entwürfen ist der Investitionsplan dennoch. Immerhin konnte der Bahnetat um 400 Millionen Mark zur Lärmsanierung von Schienenwegen aufgestockt werden. Für S-Bahn-Investitionen wurden im Etat weitere 1,2 Milliarden Mark ausgewiesen.

Wichtigste Errungenschaft ist der Verzicht auf Kürzungen des Bahnetats im Rahmen des Sparpakets. Dieser Beschluss verschafft der Bahn immerhin eine Entlastung um 1,3 Milliarden Mark. „Wir haben die Schiene nach vorne gedrückt“, sagte der Fraktionschef der Grünen, Rezzo Schlauch.

Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) freute sich gestern, mit dem beschlossenen Investitionsprogramm eine „verlässliche und realistische Infrastrukturpolitik“ zu ermöglichen. Die Wende hin zu einem modernen und umweltverträglichen Verkehrssystem freilich blieb aus: Es sei „kein einziges Straßenbauprojekt gestrichen“ worden, erklärte Klimmt.

Faktisch werden die Gelder für Straßenneubauten allerdings trotzdem knapper, weil schon der Erhalt des bestehenden Straßennetzes immer größere Löcher in die öffentlichen Haushalte reißt. Weil es kaum sinnvoll ist, immer neue Straßen zu bauen, während zugleich für die Sanierung der bestehenden kein Geld da ist, hat die Bundesregierung ihre Prioritäten in diesem Punkt angepasst: Fast die Hälfte der Verkehrsinvestitionen wird für den Erhalt ausgegeben. Dieser Bereich, sagte Klimmt, sei „in der Vergangenheit nicht ausreichend beachtet“ worden.

Wenngleich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) die neuen Investitionszahlen als „ersten Schritt einer neuen Verkehrspolitik und Erfolg für Mensch und Umwelt“ begrüßen, kritisieren sie die Einigung im Detail. „Die ökologisch problematischen und verkehrspolitisch unsinnigen Autobahnprojekte, wie der Bau der A 20 östlich von Rostock, die Thüringer Waldautobahn sowie die Autobahnen A 44, A 38, A 17 und A 241 müssen noch einmal auf den Prüfstand“, sagte BUND-Verkehrsexperte Tilmann Heuser. VCD-Geschäftsführer Dirk Flege äußerte die Hoffnung, dass es der Bahn nun gelingen werde, ihren Investitionsrückstand aufzuholen und sie dann endlich einen fairen Wettbewerb mit dem Straßenverkehr aufnehmen könne. Eine flächendeckende Modernisierung des Schienennetzes sei Voraussetzung, insbesondere den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Ohne konkreter zu werden, sagte Verkehrsminister Klimmt, er wolle zumindest die Zunahme des Verkehrs, die er als eine Art Naturgesetz ansieht, auf Schiene und Wasserstraße verlagern. Unkonkret blieb Klimmt auch im Hinblick auf die Naturschutzbelange: Man werde „selbstverständlich“ die Neubauprojekte „unter ökologischen Gesichtspunkten prüfen“.

So bleibt für die Verkehrsinvestitionen in den kommenden Jahren noch viel Interpretationsspielraum. „Der heutige Beschluss, die Bahn besser zu stellen, darf kein leeres Versprechen bleiben“, forderte dann auch BUND-Verkehrsexperte Heuser. Klimmt habe nun die „klare Aufgabe“, das Ausbauprogramm der Bahn umfassend und strikt umzusetzen.“

Der Naturschutzbund NABU sprach von einem „wichtigen Signal zugunsten der Schiene“, bemängelte aber auch, dass es noch nicht gelungen sei, „den erforderlichen großen Schwung für die Schiene zu mobilisieren“.

Winfried Wolf, Verkehrsexperte der PDS, kritisierte, dass die Investitionen des Bundes in erster Linie für den Fernverkehr verwendet werden sollen, während 90 Prozent des Personenverkehrs im Nahbereich unter 50 Kilometern abgewickelt werden. „Gelder in die Flächenbahn“ heißt Wolfs Forderung.

Was mit den 6,1 Milliarden Mark geschehen soll, die der Bund für den Transrapid eingeplant hat, wollte Klimmt gestern nicht sagen. Er gehe davon aus, dass die Magnetbahn gebaut werde.

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