piwik no script img

Wer parkt, der kauft auch?

■ Krankt Oldenburg an akutem Parkplatz-Mangel? Zwei Bürger-Initiativen wollen die Innenstadt für Besucher attraktiver machen.

Solange sich alle an die Verkehrsregeln halten, ist Polizeihauptmeister Rainer Hilgenberg zufrieden. Radler und Skater rollen auf ihrer Tour um die Oldenburger Innenstadt an dem Polizisten und seinem Mountainbike vorbei – diesmal ohne Zwischenfälle. „Den Kollegen, der beim letzten Mal vor den Laternenmast gefahren ist, haben wir ausgewechselt,“ witzelte Hilgenberg. Laut klingelnd und hupend demonstrierten vor zehn Tagen rund 200 Menschen nach einem Aufruf der Initiative „Unser Oldenburg“ eine Stunde lang für ein besseres Verkehrskonzept in der Hunte-Stadt.

Zum zweiten Mal hatte die Initiative zu der „Bike & Inliner

Night“ aufgerufen. „Wir wollen mit der Aktion zeigen, daß es viele Menschen in Oldenburg gibt, die sich umweltfreundlich in der Stadt bewegen. Und die anderen dazu auffordern, da, wo es geht, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen“, sagt Wilfried Jankowski, Mitbegründer der Initiative. Denn der Anteil des motorisierten Individualverkehrs beträgt in Oldenburg 60 Prozent (im Vergleich: In Bremen sind es 35 Prozent).

Für eine vernünftige Nutzung des Autos setzten sich die Veranstalter ein – ohne das Autofahren verbieten zu wollen. „Uns kann man absolut nicht in die Ökoecke stellen, aus der Richtung kommen wir nicht“, sagte Jankowski.

Die Initiative gibt es seit Juli. Sie tritt für ein „l(i)ebenswertes Oldenburg“ ein. Die Innenstadt soll für alle Bürger und Verkehrsteilnehmer attraktiver werden und besser erreicht werden können. Einige der Forderungen sind: Mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger, bessere Busverbindungen und der Ausbau des Park-and-Ride-Angebots. „Der Verkehr ist schon unser Hauptanliegen, aber uns geht es auch um die Belebung der Innenstadt.“ Dazu gehören nach Jankowskis Meinung mehr Grünanlagen, eine attraktivere Fußgängerzone oder Plätze, die zum Verweilen einladen. „Wenn man es schafft, dass die Leute gerne herkommen, dann kommen auch mehr Gelegenheitskäufer“, sagt er.

Mangelnde Attraktivität der Innenstadt ist auch eine immer wiederkehrende Klage des City Management Oldenburg (CMO). Im CMO haben sich Unternehmer, Kaufleute, Dienstleister, Freiberufler und Gastronomen zusammengeschlossen. In Oldenburg, jammern sie, blieben die Kunden weg. Kaufkraft wandere ab in andere einkaufsfreundlichere Städte. Erklärtes Ziel des CMO: Eine größere Attraktivität und bessere Erreichbarkeit der Innenstadt.

Genau wie „Unser Oldenburg“ also. „Schon“, sagt Andrea Ahrens-Strassberger, die Vorsitzende des CMO. „Wir sind eigentlich dankbar, daß es diese Initiative gibt, so bekommen wir mehr Unterstützung für unser Anliegen.“

An einem Punkt scheiden sich allerdings die Geister: Parkplätze. Damit steht und fällt die Anziehungskraft der Stadt, glaubt Andrea Ahrens-Strassberger. „Das Wohlbefinden in einer Stadt beginnt doch mit der bequemen Erreichbarkeit. Und der Mensch ist bequem geworden.“ Kann der Kunde nicht vor der Tür parken, komme er halt nicht mehr.

Um Druck für mehr Parkraum zu machen, hat sich im Frühjahr unter Federführung des CMO die „WIR-Gruppe“ gebildet. Angeschlossen haben sich unter anderem Kaufleute aus der Oldenburger Innenstadt, Freiberufler, zwei Krankenhäuser, das Staatstheater und die Museen. Sie alle „haben die Erfahrung gemacht, dass die Kaufkraft, die Besucherzahlen zurückgehen, weil man nicht gut parken kann“, so Ahrens-Strassberger.

Der Rat der Stadt Oldenburg hat bereits im Frühjahr auf die Diskussion reagiert. Ein Parkplatz-Gutachten wurde in Auftrag gegeben. An zwei Tagen im Juli hatten die Gutachter Besucher der Innenstadt befragt und die Belegung der Parkplätze erfaßt. Die Ergebnisse liegen seit Ende September vor. Knapp 70 Prozent der KFZ-Nutzer schätzen die Erreichbarkeit der Innenstadt mit „gut“ oder „sehr gut“ ein. Die Parkplätze sind auch in Spitzenzeiten zu höchstens 80 Prozent ausgelastet. Insgesamt wurde festgestellt, dass in fußläufiger Entfernung (5 Minuten zur Innenstadt) genügend Parkraum zur Verfügung steht. Dennoch meinten 49 Prozent der befragten Oldenburger, es müssen neue Parkplätze geschaffen werden.

Von Verkehrspolitikern und -initiativen wurde das Ergebnis derweil begrüßt. Denn – jeder interpretiert es auf seine Art. „ Mein persönlicher Eindruck ist, daß die einen diese Schlüsse, die anderen jene Schlüsse ziehen, jeder fühlt sich irgendwie bestätigt“, sagt Jürgen Krogmann, Pressesprecher der Stadt Oldenburg.

Was für Auswirkungen das Gutachten auf die weitere Verkehrspolitik haben wird, muss sich jetzt zeigen. Die Initiative „Unser Oldenburg“ jedenfalls plant, die „Bike & Inliner Night“ zu einer festen Einrichtung werden zu lassen. Und Polizeihauptmeister Hilgenberg hofft, wieder dabei zu sein: „Vielleicht regt das den einen oder anderen Autofahrer an, mal drüber nachzudenken und das Auto auch mal stehen zu lassen.“ Kristin Hunfeld

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen