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Von neuen Siedlungen und neuen Bomben

Ein Attentat in Natanja verletzt zwei Dutzend Menschen. Die islamische Hamas kündigte neue Terroranschläge an. Heute nehmen Israelis und Palästinenser die Abschluss-Verhandlungen auf  ■   Aus Jerusalem Susanne Knaul

Die Hamas droht mit Terror“, warnte Israels auflagenstärkste Tageszeitung „Yediot Achronot“ gestern früh auf der ersten Seite. Gegen 10.30 Uhr explodierten in einer Geschäftsstraße in der Stadt Natanja, nördlich von Tel Aviv, kurz hintereinander drei Sprengsätze und verletzten, nach polizeilichen Informationen, 14 Menschen leicht bis mittelschwer. Rund 20 weitere Verletzte ließen sich im Laufe des Tages in Krankenhäuser behandeln. Ein vierter Sprengsatz, der in einem Mülleimer versteckt war, konnte vor der Explosion entschärft werden. Vor drei Monaten waren, nicht weit vom Tatort entfernt, versteckte Sprengsätze nicht explodiert. Die Polizei vermutet einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen. Zwei verdächtige Personen, ein Mann und eine Frau, wurden gegen Mittag festgenommen, um eine eventuelle Mittäterschaft zu überprüfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch keine Widerstandsbewegung die Verantwortung für den Anschlag übernommen.

Scheich Achmad Jassin, geistiger Mentor der Hamas im Gazastreifen, stritt jede Verbindung zu den Attentätern ab. Tatsächlich glaubt auch die Polizei, dass es sich bei dem Anschlag nicht um den von der Hamas angekündigten neuen Terror handelt. Die islamische Widerstandsorganisation hatte am Wochenende einen Aufruf zur Wiederaufnahme des Terrors verbreitet. In dem Pamphlet hieß es, dass infolge der unveränderten Siedlungspolitik „die Angriffe in hoher Zahl, hoher Qualität und mit verschiedenen Methoden“ wieder aufgenommen werden.

Die palästinensische Autonomiebehörde verurteilte den Anschlag und erklärte, dass gerade in den vergangenen Wochen zahlreiche Aktivisten der Hamas und des Islamischen Dschihad verhaftet worden seien. Das Attentat sei ein Angriff auf den Frieden, hieß es. Die palästinensische Führung nahm damit Bezug auf die für heute angesetzte Aufnahme der End-Status-Verhandlungen.

Tatsächlich resümierten Sicherheitsbeamte vor dem israelischen Kabinett, dass die Palästinenser „sehr ernsthafte Maßnahmen zur Eindämmung des Terrors unternehmen“. Umweltministerin Dalia Yizik erklärte dagegen im Anschluss an die Regierungssitzung, dass „der eigentliche Beweis im Ergebnis dieser Maßnahmen liegt“. Nach wie vor betrachte die israelische Regierung ihren palästinensischen Partner als Hauptverantwortlichen für den Terror. In der Regierungssitzung legte Landwirtschaftsminister Chaim Oron ein Dokument über die Erweiterung von insgesamt 60 jüdischen Siedlungen im Westjordanland vor. Regierungschef Ehud Barak will die Unterlagen prüfen lassen. Tatsächlich hatte Barak den jüdischen Siedlern eine „umfangreiche Erweiterung“ der Siedlung Itamar im Norden des Westjordanlandes zugesagt, im Gegenzug für die freiwillige Räumung von 15 illegalen Stützpunkten. Sollten die Siedler ihrer Verpflichtung bis Dienstag nicht nachkommen, droht die Armee mit Evakuierung.

Das Attentat werde keine Folgen auf den Fortgang des Friedensprozesses haben, erklärte die israelische Regierung. So werden heute die End-Status-Verhandlungen wie geplant aufgenommen. Anfang nächster Woche soll zudem die zweite Truppenverlegung aus weiteren fünf Prozent des noch besetzten Gebietes, entsprechend des Wye-Plus-Abkommens, stattfinden. Zwei Prozent davon werden autonom (A-Zone), die restlichen drei werden zur Teil-Autonomie-Zone (B). Das fragliche Gebiet liegt in unmittelbarer Nähe von jüdischen Siedlungen. Die israelische Armee wird insgesamt 16 militärische Stützpunkte räumen. Noch in der vergangenen Woche debattierten die Militärs darüber, ob die Gebäude, wie bei der Evakuierung der Sinai-Halbinsel, vor dem Verlassen zerstört werden sollten. Bei der Entscheidung setzten sich die moderaten Stimmen durch. Die Soldaten werden den Palästinensern leerstehende Gebäude zurücklassen.

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