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STN stellt Gewerkschaften Ultimatum

■ Interessenausgleich bis Freitag oder sofort Kündigungen

Im Konflikt um den geplanten Personalabbau bei STN Atlas Elektronik will die Konzernmutter Rheinmetall jetzt offenbar hart durchgreifen. Den Arbeitnehmervertretern des Bremer Rüstungskonzerns setzte STN-Geschäftsführer Ernst-Otto Krämer gestern ein Ultimatum. Auf einer Betriebsversammlung mit rund eineinhalb tausend Mitarbeitern nannte er den kommenden Freitag als Stichtag für eine Verhandlungslösung.

Sollte bis dahin keine Einigung vor allem über die geforderte Arbeitszeitflexibilisierung erzielt sein, droht den Beschäftigten ein Stellenabbau ohne soziale Kosmetik: 272 Mitarbeitern könnte schon in den nächsten Wochen die Kündigung ins Haus flattern. Krämer verteidigte dies als „notwendige Maßnahmen, um den Konzern aus der Verlustzone zu bringen“. Ein-sparungen: 30 Millionen Mark.

Bei den Verhandlungen um einen Interessenausgleich verlangt STN Atlas eine Paketlösung. Mehr als hundert Beschäftigte sollen in Altersteilzeit gehen. Mitarbeiter, die mit einer Abfindung freiwillig das Unternehmen verlassen, sollen ein Jahr in einer Beschäftigungsgesellschaft geparkt werden. Die Forderung nach einmalig 46 Stunden unbezahlter Arbeit hat der Konzern derweil abgemildert. Laut Betriebsratschef Manfred Solmersitz (DAG) soll jeder Beschäftigte im kommenden Jahr 25 Stunden als „Solidarbeitrag“ opfern. Durch Einführung so genannter Langzeitkonten sollen Mitarbeiter künftig bis zu 300 Stunden Mehrarbeit anhäufen können, ohne entsprechende Zuschläge zu erhalten. Einspareffekt: sechs Millionen Mark jährlich. Krämer appellierte an die Beschäftigten, den Konzern somit „gemeinsam wieder auf eine tragfähige Basis zu stellen“.

Im Betriebsrat des Bremer Konzerns tobt derweil ein Richtungsstreit über das weitere Vorgehen. Während die DAG der Unternehmensleitung entgegenkommen will, pocht die IG Metall auf eine Lösung ohne betriebliche Kündigungen. „Wir berufen uns auf den Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung“, erklärt die IG-Metall-Vertreterin Dagmar Muth. Der sähe vor, dass die Arbeitszeit für die gesamte Belegschaft vorübergehend gedrosselt würde, um Entlassungen zu vermeiden. Das aber lehnt die DAG ab. „Um die Einsparungen zu erzielen, wären Arbeitszeitverkürzungen von bis zu fünf Stunden pro Woche nötig. Die Lohnausfälle für jeden Einzelnen wären zu groß“, so DAG-Chef Werner Klimm. Bis Freitag ist noch Zeit, sich auf eine Linie zu einigen. Die Zeit läuft.

Michael Hollmann

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