: Weiter Streit um Genkartoffeln
■ Britischer Genforscher versuchte die Veröffentlichung von Pusztais Studie zu verhindern
Der Streit um den britischen Forscher Arpad Pusztai, der im August vergangenen Jahres wegen seiner kritischen Äußerungen zu Gentech-Food von der Leitung des Rowett-Instituts im schottischen Aberdeen gefeuert wurde, nimmt kein Ende. Nachdem erst vor vier Wochen das führende britische Medizinfachblatt The Lancet die umstrittene Forschungsarbeit Pusztais über die Fütterungsversuche mit genmanipulierten Kartoffeln einer breiten Fachöffentlichkeit vorstellte, kam jetzt heraus, dass Pusztais Gegner versuchten, die Veröffentlichung mit allen Tricks zu verhindern. Pusztai hatte herausgefunden, dass mit einem Lektin-Gen ausgestattete Kartoffeln bei Ratten zu Organschäden führen.
Mitglieder der Royal Society, der britischen Akademikervereinigung, hätten ihm gedroht, dass er seinen Job riskiere, wenn die Studie veröffentlicht werde, bekannte jetzt der Chefredakteuer von Lancet, Richard Horton. Ein führendes Mitglied der Royal Society hätte ihn angerufen und in einer extrem aggressiven Weise beschuldigt, er wüsste, dass Pusztais Ergebnisse nicht wahr seien.
Horton nannte zwar keinen Namen, doch wie der Guardian herausfand, handelte es sich bei dem Anrufer um den ehemaligen Vizepräsidenten der Royal Societey, Peter Lachmann. Der Immunologe ist Professor in Cambridge und führt derzeit die Ärztevereinigung „Academy of Medical Science“ an. Lachmann gehört zu einer Gruppe von Wissenschaftlern, die seit langem schon dafür sorgen, dass in der Royal Society keine kritischen Stimmen zur Gentechnologie laut werden. Lachmann ist zudem Berater bei der Gentech-Firma Geron Biomed, die das Klonen von Tieren kommerziell verwerten möchte. Außerdem gehört er dem Direktorium der Gentech-Firma Adprotech an.
Ungewöhnlich war schon, dass die Pusztai-Studie vor der Veröffentlichung von Wissenschaftlern der Royal Society begutachtet wurde. Normalerweise tritt die Akademikervereinigung nicht als Gutachtergremium von Fachzeitschriften auf. Obwohl auch dieses Gremium Kritik an der Aussagekraft von Pusztais Ergebnissen äußerte, hatte Lancet die Arbeit publiziert. Die Mehrheit der sechs eingeholten Gutachten habe, so Horton, der Veröffentlichung schließlich zugestimmt. Wolfgang Löhr
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