: Impotenz“ – (k)ein Fall für die Kassen?
Die häufigste sexuelle Funktionsstörung beim Mann ist – noch weit vor der sexuellen Unlust, vor Orgasmusstörungen oder mangelnder Zeugungsfähigkeit der Spermien – die erektile Dysfunktion (ED), auch Impotenz genannt. Nach Angaben von Dr. Norbert Scholz, Urologe in Bremen, ist sie eine Folge anderer Krankheiten (wie Diabetes, arterielle Durchblutungsstörungen, Herz- oder Prostataerkrankungen, Querschnittslähmung, psychische Störungen, multiple Sklerose) oder des natürlichen Alterungsvorgangs.
Die Erektionsstörungen beeinträchtigen meist nicht nur die sexuelle Erlebnisfähigkeit des Mannes, sondern auch sein Selbstwert- und männliches Indentitätsgefühl. Depressionen und Alkoholismus sind ebenso verbreitete Folgen wie das Vermeiden körperlicher Kontakte und Beziehungsprobleme.
In Deutschland ist die blaue, verschreibungspflichtige und hochwirksame Viagra-Pille mit dem Wirkstoff Sildenafil seit dem 1. Oktober 1998 erhältlich. Seitdem wurden nach Angaben des Herstellers Pfizer in Karlsruhe fünf Millionen Tabletten mehr als fünfhunderttausend Männern (Durchschnittsalter: 57 Jahre) verschrieben. Die Zahl der Patienten, die sich wegen Erektionsstörungen in Behandlung begeben, hat sich nach Angaben von Pfizer seit 1997 mehr als verdoppelt.
Bei der Prüfung der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenversicherungen entschied der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Köln am 3. August 1998, dass Arzneimittel zur Behandlung von Erektionsstörungen – aus wirtschaftlichen Gründen – nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen gehen dürfen.
Die Entscheidung – mit Blick auf die bevorstehende Zulassung der Potenzpille Viagra und die zu erwartenden Kosten in Höhe von fünfzehn Milliarden Mark für (nach unterschiedlichen Schätzungen) 5 bis 7,5 Millionen impotente Männer getroffen – hatte auch Folgen für andere Behandlungsmethoden: Die bisherige Kostenerstattung für die Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) wurde aus dem Leistungskatalog herausgenommen. Bei dieser Therapie spritzen sich Männer vor dem geplanten Akt erektionsfördernde Substanzen in den Penis.
Dieser Passus in den Arzneimittelrichtlinien wurde am 30. September dieses Jahres vom Bundessozialgericht (BSG) verworfen. In dem höchstrichterlichen Entscheid heißt es, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gar nicht befugt gewesen sei, einen generellen Anspruch „total auszuschließen“.
Eine Stellungnahme zum BSG-Entscheid und zu dessen möglichen Auswirkungen war vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht zu bekommen, da noch keine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Georg Jauken
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