: STN Atlas spaltet Belegschaft
■ Betriebsrat und Firma einig – 205 Mitarbeiter müssen gehen
Die Arbeitnehmervertreter bei STN Atlas Elektronik haben sich dem Ultimatum der Unterneh-mensleitung weitgehend gebeugt. Wie die taz gestern aus Verhandlungskreisen erfuhr, sollen 205 Mitarbeiter in den nächsten Wochen den Betrieb verlassen sowie 67 weitere Stellen durch flexiblere Arbeitszeiten eingespart werden. Das haben Gesamtbetriebsrat und Geschäftsführung in einem Interessenausgleich vereinbart.
Etwa 115 ältere Beschäftigte sollen durch Altersteilzeit ausscheiden. Außerdem will STN Atlas ausgewählten Mitarbeitern „freiwillige“ Aufhebungsverträge mit Abfindung anbieten und die Betroffenen in einer Beschäftigungsgesellschaft unterbringen. Da diese Maßnahmen auch nach Einschätzung der Geschäftsleitung kaum ausreichen werden, sind ab Anfang Dezember zusätzlich betriebsbedingte Kündigungen geplant, sagte ein
Verhandlungsteilnehmer.
Innerhalb des Betriebsrates hatte es zuvor heftige Auseinandersetzungen über das Maßnahmenbündel gegeben. So hatten die Vertreter der IG Metall gegen den Widerstand der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) dafür plädiert, den Beschluss gestern auszusetzen. „Der Gesamtbetriebsrat hat viel zu früh zugestimmt. Die Konsequenzen sind für uns noch gar nicht voll absehbar“, gab eine IG-Metall-Vertreterin zu bedenken. So sei für den bevorstehenden Beschäftigungsabbau noch keine Sozialauswahl getroffen. Außerdem gebe es immer noch keine Einigung, wie die nebulös angedeutete Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Detail funktionieren soll. Und genau hier liegt der Hase auch weiterhin im Pfeffer: Fragen der Arbeitszeit gehören in den Zuständigkeitsbereich der Tarifpartner – sprich Gewerkschaften und Arbeitgeberseite.
Und so sind nach dem Beschluss der Betriebsparteien von gestern weitere Verhandlungen um einen sogenannten Tarifergänzungsvertrag nötig. Darin müssen die vereinbarten Formeln zur Arbeitszeit tarifvertraglich abgesegnet werden. STN Atlas fordert unter anderem 25 Stunden unbezahlte Mehrarbeit von jedem Mitarbeiter und will „Langzeitkonten“ einführen, wonach Beschäftigte für bis zu 300 Überstunden keine Mehrarbeitszuschläge erhalten. Während die DAG bereits Entgegenkommen signalisiert hat, bleibt die IG Metall hart: „Mit uns wird es die unentgeltlichen Stunden nicht geben“, heißt es dort. Dafür würde die Metallgewerkschaft auch eine Spaltung der Belegschaft in Kauf nehmen. Michael Hollmann
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