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Fliegerbomben aus der „KdF-Stadt“

■ Volkswagen ist an der Stiftungsinitiative beteiligt. Wie viel Geld aus Wolfsburg fließen soll, verschweigt der Autokonzern noch

Die 1938 gegründete Volkswagen GmbH war neben den Reichswerken Hermann Göring die zweite originäre NS-Schöpfung. Während des Krieges beutete die Automobilfabrik im heutigen Wolfsburg (ursprünglich „Stadt des KdF-Wagens“) bis zu 20.000 Zwangsarbeiter aus – darunter 1.500 Juden.

Der erste Arbeitskräfteengpass hatte sich schon in der Aufbauphase der Automobilfabrik bemerkbar gemacht. Als das Werk ab 1943 voll in die Rüstungsfertigung eingespannt war, setzte die Firmenleitung alles daran, so viele ausländische Arbeitskräfte wie möglich zu erhalten. Zwei Drittel der Gesamtbelegschaft stammten aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, Italien und der Tschechoslowakei. Im Wolfsburger Hauptwerk produzierten KZ-Häftlinge ab 1944 Fliegerbomben und Panzerfäuste. In den letzten Kriegsmonaten verlagerte VW seine Produktionsanlagen wegen der Bombenangriffe in Höhlen und Bergwerke. Viele Arbeiter starben dabei.

Direkte Entschädigungen hat VW, das 1997 einen Umsatz von 113 Milliarden Mark gemacht hat, den ehemaligen Zwangsarbeitern nach Kriegsende verweigert. Ansprüche, so das Argument, müssten sich an die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Nazi-Regimes richten. Die Volkswagen AG dagegen hafte nicht für die frühere Volkswagen GmbH. Erst Mitte der 80er-Jahre rückte der Konzern von seiner starren Haltung ab.

Mit zwölf Millionen Mark unterstützte VW 1991 30 Jugendprojekte, Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie Krankenhäuser in Weißrussland, Israel, Polen und der Ukraine. Doch erst mit Sammelklagen in den USA wuchs die Bereitschaft der Konzernspitze, auch die Zwangsarbeiter selbst zu entschädigen. Im September 1998 kündigte VW einen „humanitären Fonds“ in Höhe von 20 Millionen Mark an – wohl nicht zuletzt aus Furcht vor finanziellen Einbußen.

Rund zehn Prozent der 20.000 Zwangsarbeiter, so die Rechnung des Konzerns, sind heute noch am Leben. Mit einer Anzeigenkampagne in 22 Ländern versucht das Unternehmen seit Dezember, Überlebende ausfindig zu machen. Daraufhin erreichte das Unternehmen eine Flut von Anfragen – zumeist aus der Ukraine, Weißrussland, Russland und Polen. Von 6.670 Ansprüchen haben sich rund 4.000 als begründet erwiesen. 952 ehemalige Zwangsarbeiter haben bereits eine Entschädigung erhalten, rund 3.000 warten noch auf ihr Geld. In Wolfsburg wollte sich niemand zur Stiftungsinitiative äußern. Olga Wilde, Sprecherin der Fonds-Verwaltung: „Ob die 20 Millionen mit dem Fonds verrechnet werden, muss noch geklärt werden.“ Nicole Maschler

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