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Schill-out im Strafgericht

■ Umstrittener Richter Ronald Schill wechselt ab dem 1. Januar zum Zivilgericht

Ronald Schill ist bald kein Strafrichter mehr. Ab dem kommenden Jahr wird er nicht mehr über mutmaßliche StraftäterInnen, sondern über Geldstreitigkeiten zwischen Bürgern urteilen. Das Präsidium des Amtsgerichtes beschloss gestern Abend, den umstrittenen Richter künftig in der Zivilabteilung zu beschäftigen.

„Bei der Geschäftsverteilung wird jedes Jahr über die Aufgaben der einzelnen RichterInnen neu entschieden“, so Gerichtssprecherin Sabine Westphalen. Folglich sei eine Umsetzung „keine Maßnahme der Dienstaufsicht“.

Den Versuch, die Entscheidung über die berufliche Zukunft von Schill als Routinevorgang herunterzuspielen, hat dieser jedoch selbst zunichte gemacht. In den vergangenen Monaten tat er sich immer wieder mit knallharten Urteilen und politisch reaktionären Äußerungen hervor.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Schill für viele KollegInnen bei Gericht und Staatsanwaltschaft lange schon als untragbar gilt. Immer öfter haben ihn KollegInnen in der Vergangenheit davor gewarnt, auf dem Rücken von Angeklagten Politik zu machen. In einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht am 8. Oktober bemerkte der Staatsanwalt, Schill könne „mit der amtlich verliehenen Macht nicht verantwortlich umgehen“. Und am 20. Oktober schloss sich die Staatsanwaltschaft einem Befangenheitsantrag gegen den Amtsrichter an. Wegen Schills politischer Äußerungen müsse der Angeklagte „den Eindruck haben, dass ihm bei diesem Gericht keine gerechte Strafe widerfahren könnte“.

Zudem laufen gegen den Amtsrichter noch strafrechtliche Ermittlungen, weil er im Verdacht steht, Rechtsbeugung betrieben zu haben. Im Mai hatte Schill während einer Verhandlung ZuschauerInnen in Ordnungshaft nehmen und drei Tage im Gefängnis sitzen lassen. Rechtsanwalt Andreas Beuth, der einen der beiden damaligen Zuschauer vertritt, geht „davon aus, dass es zur Anklage wegen Rechtsbeugung kommen wird“.

Die Zuteilung anderer Aufgaben, betont Gerichtssprecherin Westphalen, sei keine „Versetzung“ – weswegen Schill seinem Wechsel zur Ziviljustiz nicht zustimmen muss. Elke Spanner

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