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Philipp Holzmann wird abgerissen

■  Deutschlands zweitgrößter Baukonzern ist pleite: Banken einigen sich nicht auf ein Hilfspaket. Zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr. Proteste der Bauarbeiter. Bundeskanzler Schröder will vermitteln

Berlin (taz) – Sie hatten alles getan, um die Sanierungsanstrengungen ihres Vorstands zu unterstützen, wollten auf Lohn verzichten und mehr arbeiten. Umso härter traf die Nachricht aus Frankfurt gestern die 17.000 Beschäftigten des Baukonzerns Philipp Holzmann AG: Die 20 Hauptschuldner des Konzerns haben sich nicht auf ein Hilfspaket verständigt. Laut Aussagen des Betriebsrats fehlten nur „wenige hundert Millionen Mark“ zu den 3,55 Milliarden Mark, die für eine Rettung notwendig gewesen wären. Trotz einer 15-stündigen Marathonsitzung bis Montag früh bleibt nun nur der Konkurs.

Die Arbeitnehmer reagierten mit spontanen Protestaktionen und blockierten Baustellen und Brücken. Auf etlichen der 1.200 Holzmann-Baustellen stand der Betrieb still – auch wenn „im Prinzip“, so ein Holzmann-Sprecher, weitergearbeitet wurde. Der Betriebsrat sprach von einem „abgekarteten Spiel“ der Banken. Neben den 17.000 inländischen Arbeitsplätzen bei Holzmann stehen weitere 30.000 bis 40.000 Stellen bei Zulieferern und Subunternehmern auf der Kippe.

Ist in den nächsten Tagen erst einmal ein Konkursverwalter bestellt, kann er die einzelnen Baustellen mit abgesicherten Krediten weiterbetreiben. Allerdings haben sowohl Branchenprimus Hochtief wie auch die Walter Bau bereits mitteilen lassen, dass sie vorerst nicht an Konzernteilen interessiert seien. Die Konkurrenz hat keine Eile – immerhin ist mit Holzmann die Nummer zwei urplötzlich aus dem Rennen. Die Aktien stiegen entsprechend: Hochtief verteuerten sich gestern um 6,2 Prozent, Bilfinger & Berger um 2,6 Prozent und Strabag um 2,8 Prozent. Die Gläubigerbanken mussten dagegen teilweise herbe Verluste hinnehmen, Holzmann-Aktien blieben ausgesetzt.

Bundeskanzler Schröder (SPD) erklärte sich zu Vermittlungsgesprächen zur Abwendung eines Konkurses bereit. Die Finanzierungslücke könne noch geschlossen werden, da sie nicht so groß sei, dass ein Konkurs verantwortbar sei. Schröder übte heftige Kritik an der Rolle der Banken. Es wäre vor allen Dingen ihre Sache gewesen, zu einer Rettung beizutragen. „Der eine oder andere hat sich wohl mehr Gedanken gemacht um sein eigenes Geschäft als um die Rettung dieser Firma und um die Arbeitsplätze. Das ist sehr bedauerlich“, so Schröder in Berlin. bw

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 12

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