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Bauernsterben im Harburger Moor?

Hamburgs Landwirte fürchten, bei Naturschutz-Novelle zerrieben zu werden  ■ Von Gernot Knödler

Die fällige Modernisierung des Hamburgischen Naturschutz-Gesetzes hat bei den Vertretern der Landwirtschaft Angst ausgelöst. Heinrich Quast, Vizepräsident des Gartenbauverbandes, befürchtet, das zu erwartende Gezerre zwischen Wirtschaft und UmweltschützerInnen könnte auf dem Rücken der Landwirte und Gärtner ausgetragen werden. Die Gesetzes-Novellierung steht heute nachmittag auf der Tagesordnung der Bürgerschaft.

Wie die taz hamburg berichtete, hatte die Regenbogen-Gruppe am Freitag ihren Entwurf vorgestellt. Bis auf ein Detail entspricht er einem Referenten-Entwurf aus der grünen Umweltbehörde, über den zur Zeit zwischen den Senatsämtern verhandelt wird. Er sieht vor, Ausnahmen für das Hafengebiet beim Umweltschutz abzuschaffen. Die Naturschutzverbände sollen ein Klagerecht zugunsten der Umwelt erhalten und die Landwirte auf den Naturschutz verpflichtet werden.

Hans-Peter Pohl, Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, hält das nicht für fair. Der Naturschutz könne nur ein „Nebenziel“ der Landwirtschaft sein. Höhere Anforderungen in Hamburg bedeuteten einen Konkurrenzvorteil für die Bäuerinnen jenseits der Landesgrenze.

Wie Heinrich Quast vom Gartenbauverband malt er die Gefahr eines Bauernsterbens an die Wand. „Es gibt erste Räume,in denen landwirtschaftliche Betriebe wegsterben“, sagt Pohl, „zum Beispiel im Moor in Harburg“. Die Kulturlandschaft sei durch den Landbau entstanden. Sie könne nur durch wirtschaftlich starke Höfe und Gärtnereien erhalten werden. Eine Verpachtung städtischen Grunds unter Naturschutzauflagen lehnt Pohl ab. Weil die Hälfte der Wiesen und Äcker in Hamburg der Stadt gehören, hat der Senat hier einen Hebel, den ökologischen Landbau und damit die nachhaltige Entwicklung zu fördern. Pohl hält solche Auflagen für unnötig: „Wir haben in Hamburg mit Sicherheit keine ausgeräumten Landschaften“, behauptet der Mann von der Kammer. Der Naturschutzverband BUND dagegen kritisiert, die Landwirte schadeten der Natur mit Pestiziden, durch Entwässerung und das Umlegen von Knicks.

Heinrich Quast betont, „inhaltlich“ sei er sehr wohl für die vorgeschlagene Novelle. Mit der konkreten Fassung ist er jedoch gar nicht einverstanden: „Meine Position ist nicht etwa eine nicht ökologische“, versichert er. Trotzdem kommen ihm die Rentabilität der Betriebe in dem Entwurf zu kurz. „Die Belange der Landwirtschaft dürfen nicht von vornherein bestimmten Vorstellungen geopfert werden“, sagt der Verbandsvertreter.

Er befürchtet, die Landwirtschaft könnte die „Spielwiese“ sein, auf der Wirtschafts- und Umweltbehörde ausgehend von Extrempositionen zu einem Kompromiss zu kommen suchten. Denn beim Hafenprivileg, das „überhaupt nicht einzusehen sei“ und Bundesrecht breche, hält er die Chancen von Reformen für gering.

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