Die USA haben kein Problem mit Russlands Kriegsbudget

■ Menschenrechtler Kowaljow kritisiert Westen wegen unentschlossener Haltung in Tschetschenienfrage

Berlin (taz) – Von ein paar tausend toten Tschetschenen möchte sich US-Außenministerin Albright die Beziehungen zwischen den USA und Russland nicht vermiesen lassen. Der Krieg in Tschetschenien dürfe Russland nicht wieder zum Feind wie zu Zeiten des kalten Krieges machen, sagte Albright gestern in Washington. Sie reagierte damit auf die Ankündigung von Russlands Premierminister Putin, das Kriegsbudget um 100 Millionen US-Dollar aufzustocken.

Vorschläge an den Internationalen Währungsfonds (IWF), seine Kredite an Russland zu blockieren, sollten die militärischen Auseinandersetzungen andauern, konterte Albright mit der Bemerkung, den Krieg im Kaukasus und mögliche neue Kredit-Tranchen des IWF gelte es auseinander zu halten. „Wir glauben, dass es sehr wichtig ist, Russland wirtschaftlich zu stabilisieren. Das ist auch in unserem nationalen Interesse“, sagte die US-Außenministerin.

Der bekannte Dissident und ehemalige Vorsitzende der Menschenrechtskommission des russischen Präsidenten Boris Jelzin, Sergej Kowaljow, forderte die führenden westlichen Politiker dazu auf, wegen des Krieges in Tschetschenien viel energischer als bisher Druck auf Russland auszuüben. Bislang ergehe sich der Westen nur in Gerede über die Notwendigkeit der Terrorismusbekämpfung und kritisiere höchstens die Methoden. „Dabei ist doch jedem klar, dass es überhaupt nicht um einen Kampf gegen Terroristen geht. Russland kämpft nicht gegen Terroristen, sondern gegen die Tschetschenen“, sagt Kowaljow in einem taz-Interview. An der Tatsache, dass gegen den Terrorismus vorgegangen werden müsse, bestehe kein Zweifel, „aber nicht indem man Bomben auf Marktplätze wirft“. Auf dem OSZE-Gipfel in Istanbul hätten keine Abkommen mit Russland unterzeichnet werden dürfen. bo

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