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Die Mörder kamen mit Macheten

■ Gewalt in Nigeria eskaliert: Dutzende von Toten bei ethnischen Unruhen in Lagos. Polizei jagt jetzt militante Yoruba-Organisation

Berlin (taz) – In Nigeria sind die schwersten Unruhen seit Ende der Militärherrschaft ausgebrochen. Mehrere Dutzend Menschen sind in Nigerias größter Stadt Lagos getötet worden, nachdem sich ein Streit zwischen Jugendlichen des südwestnigerianischen Yoruba-Volkes und Händlern des nordnigerianischen Haussa-Volkes ausweitete.

Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo erteilte der Polizei in Lagos am Donnerstagabend Schießbefehl ohne Vorwarnung. „Wer sich wie Tiere benimmt, wird wie Tiere behandelt“, erklärte er. Offiziell wurden bis gestern mittag 40 Tote gezählt.

Ursache der Unruhen ist ein Streit um die Kontrolle des „Mile 12“-Marktes von Ketu im Norden von Lagos, in dem die meisten aus dem Landesinneren nach Lagos transportierten Nahrungsmittel gehandelt werden. Presseberichten zufolge versuchten Yoruba-Kleinhändler am Donnerstagmorgen, von eintreffenden Haussa-Großhändlern Gebühren einzutreiben. Während darüber gestritten wurde, stürmten 300 bewaffnete Jugendliche der radikalen Yoruba-Organisation OPC (Oodua People's Congress) den Markt. Mit Macheten, Eisenstangen und Messern gingen sie gegen die Haussa-Händler vor. Im darauffolgenden Chaos kam es zu Morden und Plünderungen. Die Gewalt ging die ganze Nacht weiter. Gestern kam es auch in anderen Stadtteilen zu Ausschreitungen.

Der OPC wollte offensichtlich mit seinem Angriff erzwingen, dass der „Mile 12“-Markt in Yoruba-Hände fällt. In der Vergangenheit gab es mehrmals Streit um die Kontrolle von Märkten in Lagos. Händler aus Nordnigeria und anderen Regionen bauten hier in den Zeiten der Militärdiktatur Machtpositionen auf, die ihnen nun von den einhemischen Yorubas nicht mehr gegönnt werden. Zuletzt verjagten militante Yorubas vor drei Wochen im südwestlichen Stadtteil Ajegunle Händler des aus dem Nigerdelta stammenden Ijaw-Volkes. Inzwischen ist es üblich, dass Händler ihre ethnische Zugehörigkeit auf ihre Stände schreiben.

Der Oodua People's Congress , der als Urheber der zunehmenden Yoruba-Gewalt gegen andere Ethnien in Lagos gilt, enstand im August 1994 als eine von vielen Widerstandsbewegungen gegen die damalige Militärdiktatur. In den letzten Jahren hat sich der OPC einem Yoruba-Nationalismus verschrieben und tritt für einen ethnisch reinen Yoruba-Staat ein. Er hat unter den arbeitslosen Jugendlichen von Lagos zahlreiche Kämpfer angeheuert. In schwarzen T-Shirts und schwarzen Stirnbändern agieren sie als Milizionäre und spielen sich in den Slums als Ordnungsmacht auf.

Im Sommer, nach Unruhen zwischen Yorubas und Haussas in den Städten Sagamu und Kano, forderte der OPC die Regierung auf, alle Haussas aus dem Yoruba-Siedlungsgebiet zu entfernen. Haussa-Politiker wiederum verlangten schärferes Handeln gegen „terroristische Gruppen“ wie den OPC. So ist Obasanjo inzwischen gezwungen, gegen den OPC vorzugehen, wenn er gegenüber der nach wie vor mächtigen Militärelite aus dem Norden Nigerias Handlungsfähigkeit beweisen will.

Je mehr Mitglieder der früheren Militärregime vor Gericht gestellt werden, desto mehr grenzt sich Obasanjo gegen radikale Gruppen aus dem Süden Nigerias ab – egal ob die Widerstandsgruppen des Nigerdeltas oder eben der OPC. Sie alle sind nun Ziel militärischer Operationen. Aber im Ergebnis verliert die Regierung langsam, aber sicher die Kontrolle über Teile des Landes. Dominic Johnson

Kommentar Seite 13

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