■ Standbild: Arme Sau
„Tatort: Norbert“, So., 20.15 Uhr, ARD
Norberts Leben ist kein Hauptgewinn. Wenn er von der Arbeit heimkommt, macht er erst mal eine Dose Serbischen Bohneneintopf warm. Die bringt er seinem bettlägerigen Vater, der ihn dafür anraunzt. Nur zwei Abwechslungen gibt es in seinem Leben: Manchmal geht er in eine Stripbar und guckt den Frauen beim Ausziehen zu, und manchmal kauft er sich im Park eine Tüte Popcorn und betrachtet die anderen Menschen beim Rollschuhlaufen. Norbert ist einer, den alle übersehen. Und deshalb hat er auch nichts dagegen, dass man ihn für einen Mörder hält, dem schenkt man wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit.
Auch die „Tatort“-Macher stellten den Außenseiter, der so offensichtlich jedes Merkmal eines Triebtäters aufwies, ins Zentrum ihrer Geschichte. Dass sie sich aus seinem traurigen Leben nicht verabschiedeten, sobald sich seine Unschuld offenbart hatte, spricht für ihre erzählerische Klasse. Denn das war der ebenso simple wie effektive Clou dieser Münchner „Tatort“-Episode: Norbert ganz groß rauszubringen. Es gab zwar eine Menge schillernde Personen und Ereignisse, skrupellose Zeitungsfritzen und bizzare Mordrituale, aber der Star war ganz klar dieser einsame Kloß. Und der niemals enttäuschende Jürgen Tarrach („Die Musterknaben“) spielte ihn mit geradezu tragischer Größe. Dagegen verblassten alle um ihn herum, und das sollte wohl auch so sein. Kommissar Batic (Miroslav Nemec) wirkte diesmal seltsam hampelig; sein Kollege Leitmayr (Udo Wachtveitl) hatte immerhin ein paar schöne Auftritte, z. B. als ihm der Dosenravioli-Fan Norbert beim Edel-Italiener auf die Nerven ging. Denn Norbert glaubte, in dem Ermittler endlich einen echten Freund gefunden zu haben. Dessen Interesse an ihm war in Wirklichkeit natürlich rein professionell – aber bringen Sie das mal einer armen Sau wie Norbert bei!
Morde spielten in diesem Mörderrätsel eigentlich keine große Rolle. Trotzdem war „Norbert“ seit langer Zeit einmal wieder ein „Tatort“, der überhaupt nicht enttäuschte. Christian Buß
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