: „An den Mann bringen“
■ Polizeikommission verteilt im ersten Tätigkeitsbericht schlechte Noten.
Die vom rot-grünen Senat eingesetzte Hamburger Polizeikommision hat gestern im Rathaus ihren ersten Tätigkeitsbericht der Öffentlichkeit vorgelegt. Dabei wiesen die drei Mitglieder, der Rechtsanwalt Ralf Heine, die Ex-Bezirksamtsleiterin Ingrid Soehring sowie der Kriminologe Fritz Sack, die bereits im Vorwege von Polizeigewerkschaften und Berufsverbänden geäußerte Kritik zurück, die Kommission hätte nur „pauschal“ und „generalisierend“ nach der Bestätigung ihrer eigenen Voruteile gesucht. Auftrag sei es, konkreten Beschwerden von Bürgern oder Polizisten über unkorrektes Verhalten von PolizeibeamtInnen nachzugehen, so Soehring, „das mag in 500 anderen Fällen anders und korrekt verlaufen sein.“
Der Kommission lagen 61 Beschwerden über Beleidigungen, Körperverletzungen, Mobbing oder aggressives Auftreten bei Überprüfungen von Ausländern vor (taz berichtete). „Eigentlich sollte die Polizei froh sein, wenn Fehlverhalten bewusst und Abhilfe geschaffen wird“, meint Soehring, „oder wenn sich Vorwürfe als falsch erweisen.“ Dennoch sei das Gremium bei seinen Untersuchungen immer wieder auf eine „Mauer des Schweigens“ gestoßen. Besondere „Defizite“ erkannte die Kommission im „Umgang mit polizeiinterner Kritik“, erläutert Sack. „Wenn ein Kritiker eine Kantine betritt, und alle anderen Kollegen gehen raus, dann ist das Mobbing“. Oft werde dann von Vorgesetzten der „bequeneme Weg“ gewählt und der sogenannte „Nestbeschmutzer“ versetzt. Aufgefallen sei auch, dass Beschwerden über sexuelle Belästigungen von Beamtinnen bagatellisiert wurden. „Das ist kein Einzelfall“, so Heine, „sondern die allgemeine Haltung im Apparat.“
Ein besonderes Auge warf die Kommission auf den strukturellen Wandel von „Polizei und Gesellschaft“, was in einigen Fällen zu Spannungen im Umgangsstil geführt habe. Die polizeiliche Antwort auf die nicht mehr so große Bedeutung und Autorität in der Gesellschaft müsse dazu führen, Handeln zu vermitteln. Heine: „Die Polizei muss lernen, wass sie tut, an den Mann und die Frau zu bringen.“ Kai von Appen
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