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Hamburg ist doch nicht weggeflogen

■ Ein Toter beim Orkan in der Nacht zu Sonnabend. Aber 1976 wars noch schlimmer

Eines der schwersten Unwetter der vergangenen Jahrzehnte hat in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend in Hamburg und Schleswig-Holstein ein Menschenleben gekostet und Schäden in Millionenhöhe verursacht. Mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. In List auf Sylt wurden Windgeschwindigkeiten von mehr als 180 Stundenkilometern gemessen. In der Nordsee gerieten zwei Schiffe in Seenot.

Das Orkantief „Anatol“ hatte Dächer abgedeckt, Bäume entwurzelt und Bahnleitungen zerfetzt. In Hamburg starb ein 76 Jahre alter Mann, als er versuchte, kurz nach Mitternacht seinen Keller mit zwei Tauchpumpen zu leeren. Die Feuerwehr barg den Toten. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Rund 3500 Männer und Frauen von Feuerwehr, Polizei und vom Technischem Hilfswerk arbeiteten die ganze Nacht daran, umgestürzte Bäume zu beseitigen, Keller leer zu pumpen oder in Not geratenen Bürgern zu helfen.

In Hamburg hatte die Sturmflut gegen 23.15 Uhr mit 5,86 Metern über Normal Null ihren höchsten Stand erreicht. In Blankenese, Altona, St. Pauli und Wilhelmsburg wurden Uferstrassen überschwemmt. 39 Autos und vier Wohnmobile wurden nach Angaben der Feuerwehr nicht rechtzeitig weggefahren. Sie versanken in den Fluten.

Die erste Sturmflut dieses Winters war in Hamburg deutlich weniger stark als die bisher schwerste von 1976. Damals wurde in der Stadt ein Wasserstand von 6,45 Metern gemessen. In Husum erreichte das Wasser mit 10,41 Metern beinahe den Höchststand von 1976: 10,61 Meter. Die Autozüge nach Sylt wurden gestoppt. In Schleswig-Holstein gab es vier Schwer- und sieben Leichtverletzte. In Teilen des Festlandes und auf den Nordseeinsel Sylt, Föhr und Amrum fiel für mehrere Stunden der Strom aus.

In der Nordsee gerieten zwei Frachter in bis zu zehn Meter hohen Wellen in Seenot. Der Frachter „Lucky Fortune“ trieb mehrere Stunden vor Sylt im tosenden Meer. Erst als der Sturm am frühen Samstag morgen abflaute, gelang es dem Seenotschlepper „Oceanic“, den 185 Meter langen Frachter nach Cuxhaven zu schleppen.

Ein bei Brunsbüttel geankerter Frachter riss sich im Sturm los und trieb bei Freiburg nahe Stade auf Grund. Das mit Stahlrollen beladene Schiff wurde am Samstagnachmittag freigeschleppt. Am vormittag war ein Schlepper direkt vor dem Schiff gekentert. Die Besatzung des Schiffes wurde gerettet.

Bis zum Sonntag rückte die Hamburger Feuerwehr mehr als 300 Mal aus. Schleswig-Holstein zählte mehr als 3000 Einsätze. Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage tätschelte die Helfer:: „Der Einsatz beweist: Auch wenn es ganz dick kommt“, kann Hamburg sich auf seine freiwilligen Helfer, auf die Polizei und Feuerwehr verlassen. taz

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