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SPD geht nur widerwillig in das Bündnis mit der CDU

■ Mit denkbar knapper Mehrheit stimmte die Berliner SPD für eine Große Koalition

Berlin (taz) – So knapp wie noch nie hat sich der Parteitag der Berliner SPD am Montagabend für die Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen. Widerstrebend und gespalten geht die SPD in die dritte Neuauflage des Zweckbündnisses: 167 Delegierte stimmten für die Annahme des Koalitionsvertrags, 136 Genossen dagegen. Es ist die dritte Große Koalition seit 1991. Am Ende der Legislaturperiode wird Berlin 13 Jahre lang von einer Großen Koalition regiert.

Die Berliner SPD, die bei den Wahlen auf einen historischen Tiefstand fiel, fügte sich ins Unvermeidliche. Nach der entscheidenden Abstimmung erklärte das Parteitagspräsidium nicht einmal, dass gerade der Gang in die Große Koalition beschlossen worden war. Stattdessen hieß es lapidar: „Die Anträge 5, 9 und 10 sind damit erledigt.“

Die eigentliche Sensation des Parteitages war die Rede von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, deren Ressort die SPD an die CDU abtrat. Die 44-Jährige nutzte ihre Rede zu einer knallharten Abrechnung mit der gesamten Parteiführung und erhielt dafür tosenden Beifall.

Im Koalitionsvertrag wurde eine Reihe von strittigen Fragen ausgeklammert. Das Dauergezänk der vergangenen Jahre dürfte sich daher fortsetzen. Die SPD war zufrieden, dass einige „Abwehrschlachten“ erfolgreich waren. Die CDU musste ihr Wahlkampfversprechen einmotten, an den Berliner Schulen ein Wahlpflichtfach Religion einzuführen. Beim Thema Innere Sicherheit konnte die CDU weder einen verlängerten Unterbindungsgewahrsam noch einen polizeilichen Todesschuss durchsetzen.

Die Berliner CDU nutzt die Senatsbildung zu einer umfassenden personellen Erneuerung. Für Kultur und Wissenschaft ist die frühere Staatssekretärin im Bundesbauministerium, Christa Thoben, zuständig. Sie hat sich als Umzugsbeauftragte der Bundesregierung für den Berliner Posten empfohlen. Neben Innensenator Eckart Werthebach, der im Amt bleibt, ist Thoben bereits die zweite Ex-Staatssekretärin aus dem Bund, die in die Landesregierung wechselt. Das Erbe der gestürzten SPD-Finanzsenatorin Fugmann-Heesing wird ihr bisheriger Staatssekretär antreten, der 39 Jahre alte Peter Kurth (CDU), der als Vertreter der liberalen „Jungen Wilden“ in der Berliner Union gilt. win, rab

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