:
Das Arschloch ohne Sonnenbrille ■ Von Ralf Sotscheck
Seine Sonnenbrille hat er dem Papst geschenkt, aber ein Arschloch bleibt er trotzdem: Bono, Sänger der irischen Popkapelle U 2, hat sich selbst mal „Arschloch mit Mercedes“ genannt und damit zweifellos Recht.
Wie wird er nun mit der grellen Wirklichkeit zurechtkommen, wo er doch sein Utensil auch im dunkelsten Studio nicht abgelegt hatte? Und was macht der Papst mit dem Ding? Als Bono ihm das Plastikteil gegen die gefürchtete irische Sonne bei einer Audienz überreicht hatte, setzte der Heilige Vater sie gleich auf. Er sehe aus wie ein „Godfather“, ein Pate, schäkerte Bono, der Protestant.
Bono wird nächstes Jahr 40, der Papst bis dahin wohl zum Chef abberufen. Ein Höhepunkt seiner Karriere war 1979 der Irland-Besuch, von dem er noch heute schwärmt. Eine Million Menschen kamen in den Dubliner Phoenix Park, so viele bringt kein Bono auf die Beine. Seitdem ist es mit der katholischen Kirche auf der Grünen Insel allerdings stetig bergab gegangen, was aber nicht am Papst liegt. Es ist nicht seine Schuld, dass seine Vertreter vor Ort sich weniger um die Sünden ihrer Schäfchen gekümmert, sondern an den Lämmern versündigt haben.
Bono indessen scheint den Weg in den Schoß der Kirche gefunden zu haben. Vor kurzem ist das „Buch der Psalmen“ in Edinburgh veröffentlicht worden, und Bono hat das Vorwort verfaselt. „Psalmen und Kirchenlieder waren meine erste Begegnung mit eingebungsvoller Musik“, erklärt er. „Ich mochte den Text, aber bei den Melodien war ich mir nicht so sicher – außer bei Psalm 23: Der Herr ist mein Hirte. Aber sie bereiteten mich auf die Ehrlichkeit von John Lennon vor, auf die barocke Sprache von Bob Dylan und Leonard Cohen, die offene Kehle von Al Green und Stevie Wonder.“ Und auf Gary Glitters Kinderpornographie, der den irischen Pfaffen nicht nachsteht?
Bono war schon mit 12 ein Fan von David. Er trägt den gleichen Vornamen: Paul David Hewson, was nicht schlimmer ist als Bono. „Er war wie ein alter Bekannter, wie ein Popstar“, meint Hewson. „Sein erster Psalm war ein Blues. David war ein Star. Er war der Elvis der Bibel. Er tanzte sogar nackt vor seinen Truppen – das Äquivalent zur Königin, die sich unter ihr Volk mischt. David war eher Performance-Künstler als Politiker.“
Bono ist auch ein Star, das hat er jedenfalls auf MTV, dem Sender für klotzköpfige Musik, ohne das leiseste Gespür für Peinlichkeit lauthals verkündet. Trotz David geht Bono nicht mehr in die Kirche. „Aber ich hänge einer anderen Art von Religion an. Lacht nicht. Das ist es nämlich, wenn man in einer Rock 'n' Roll-Band ist. Das Showbusiness ist Schamanentum, Musik ist Gottesdienst.“ Und Bono der Heilige Geist? Mit der Sonnenbrille ist ihm offenbar auch der Realitätssinn abhanden gekommen. Warum können es Musiker nicht dabei belassen, Musik zu machen? Ist der Klangkörper, den sie auf ihren Hälsen tragen, ein besonders guter Resonanzraum für baren Unfug?
Bono sollte sich mit Sinead O'Connor zusammentun, die gegen Backschisch zur Tridentiner-Priesterin geweiht wurde und sich in Mutter Bernadette umtaufte. Sie könnten als Harfenduo „Halleluja“ singen – am besten in einem irischen Kirchenchor, da belästigen sie immer weniger Leute.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen