: Finsterster Fleck in Spaniens Demokratie
Verantwortliche des „schmutzigen Krieges“ der GAL vor Gericht
Madrid (taz) – Endlich soll Licht in eines der dunkelsten Kapitel in Sachen Menschenrechte in der spanischen Demokratie gebracht werden. Seit gestern müssen sich vier Polizisten der Guardia Civil und drei hohe Regierungsbeamte vor dem nationalen Gerichtshof in Madrid für die Entführung, Folterung und das Verschwindenlassen der zwei mutmaßlichen ETA-Mitglieder José Antonio Lasa und José Ignacio Zabala verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert für den General der Guardia Civil, Enrique Rodríguez Galindo, und für den ehemaligen Zivilgouverneur in der Baskenprovinz, Julen Elgorriaga, 92 Jahre Haft. Drei ihrer Untergebenen sollen für 90 Jahre hinter Gitter. Die fünf sollen die Morde direkt zu verantworten haben. Der Anwalt des Innenministeriums, Jorge Argote, und der ehemalige Staatssekretär für Staatssicherheit, Rafael Vera, sollen mit zwei Jahren davonkommen. Sie haben laut Staatsanwalt die Ermittlungen gezielt behindert.
Die beiden 20-jährigen Lasa und Zabala wurden am 15. Oktober 1983 verschleppt und über die Grenze nach San Sebastian geschafft. Dort wurden sie in der Villa des Zivilgouverneurs wochenlang gefoltert. Laut Ermittlungsrichter schlüpften Elgorriaga und Galindo, damals Oberbefehlshaber der Truppe im Baskenland, mehrmals höchstpersönlich in die Rolle des Folterers. Sie gaben sich dabei als Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad aus. Am 21. Januar 1984 erreichte Radio SER in Alicante ein Kommuniquee der Antiterroristischen Befreiungsgruppen (GAL). Sie hätten Lasa und Zabala aus Rache für Anschläge der baskischen ETA ermordet, hieß es. Zwar fand ein Polizeibeamter bereits Anfang 1985 in der Nähe von Alicante zwei Skelette mit verbundenen Augen. Doch erst zehn Jahre später erbrachte eine DNA-Probe, dass es sich um die sterblichen Überreste von Lasa und Zabala handelte. Beide – so der Bericht des Gerichtsmediziners – hätten stark gelitten, ihnen seien die Fingernägel ausgerissen worden, bevor sie per Genickschuss hingerichtet und in Löschkalk beerdigt wurden.
Die Richter werden über 100 Zeugen vernehmen. Unter ihnen befindet sich der ehemalige Innenminister José Luis Corcuerra, Ex-Verteidigungsminister Julen García Vargas und der ehemalige Chef des militärischen Geheimdienstes, Emilio Manglano. In seinem Haus fand das Gericht die „Gründungsakte der GAL“. In dem Papier vom 6. Juli 1983 heißt es, „dass die empfehlenswerteste Aktion das Verschwinden durch Entführung ist.“ Reiner Wandler
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