Kein Vollverkauf des Stadt-Schlüssels

■ Internet-Stadtinformationssystem bremen.de beschäftigt Bürgerschaft / Als einzig aussichtsreichen Betreiber nannte Finanzsenator die Bremen Online Services, mehrheitlich in Bremens Hand

Mit der Zukunft des Internet-Stadtinformationssystems Bremens befasste sich gestern die Bürgerschaft. Die Grünen verlangten mit einem später abgelehnten Antrag, dass das Informationssystem unter der Internet-Adresse www.bremen.de nicht – wie unter anderem in Berlin geschehen – an private Betreiber verkauft wird. Unter der Internet-Adresse www.bremen.de präsentiert die Hansestadt Verwaltungsdienstleis-tungen, Diskussionsforen oder Touristik-Highlights. Seit 1996 wurde bremen.de aufgebaut, die Mitarbeiter werden durch Senat und Förderprojekte finanziert. Bis heute beliefen sich nach offiziellen Angaben die Kosten auf rund zwei Millionen Mark.

Auch die medienpolitischen Sprecher von CDU und SPD sprachen sich gegen eine Vollprivatisierung des Stadtinformationssystems aus. „Vor vier Jahren haben wir das noch anders gesehen“, räumte der SPD-Abgeordnete Frank Schildt ein. Allerdings wolle man der Wirtschaft die Möglichkeit geben, sich an bremen.de zu beteiligen - damit die Kosten des Dienstes minimiert werden. Schildt geht davon aus, dass in den nächsten Jahren fünf bis sechs Millionen Mark in die Weiterentwicklung des Dienstes gesteckt werden müssen.

Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) sagte zu, www.bremen.de nicht an einen einzelnen Privatinvestor abzugeben. Durchaus denkbar sei ein Public-Private-Partner-ship. „Im Januar werden wir einen konkreten Vorschlag vorlegen.“ Danach soll über die Zukunft der Internet-Seiten entschieden werden. Handlungsbedarf besteht unter anderem auch, da die Verträge von einigen Mitarbeitern zum Jahresende auslaufen. Inzwischen habe man Möglichkeiten zur Zwischenfinanzierung gefunden, hieß es gestern in der Bürgerschaft.

Immer wahrscheinlicher wird nach Andeutungen von Perschau, dass der Senat die Bremen Online Services GmbH (BOS) an bremen. de beteiligen will. An der BOS, die auch mit der Abwicklung des me-dia§komm-Projektes beauftragt ist, ist Bremen mit 51 Prozent beteiligt. Der Rest der Anteile gehört privaten Unternehmen. Eine Beteiligung von weiteren Unternehmen ist nicht möglich. Perschau kündigte aber an, dass die privaten Beteiligten bereit sein müssten, sich in angemessener Form an den Kosten für das System zu beteiligen.

Offenbar liegen jetzt auch zwei Gutachten vor, die die Vermarktungschancen und rechtlichen Probleme bei einer Privatisierung untersuchen. Grundaussage des einen Gutachtens sei, dass derzeit mit Stadtinformationssystemen kein Geld zu verdienen sei, erklärte Perschau – für ihn ein Argument gegen eine vollständige Privatisierung. Das zweite Gutachten sollte untersuchen, welche rechtliche Konstruktion für das Betreiben eines Stadtinformationssystems sinnvoll ist. In Berlin nämlich hatte der Verlag Gruner + Jahr gegen den privaten Betreiber von berlin.de geklagt, weil unklar ist, inwieweit Private öffentliche Informationen wie Formulare im Internet monopolisieren dürfen. Auf Bremer Ebene zu klären sei nun, welche sichere Gesellschafter-Form gewählt wird, sagte Perschau.

Abgelehnt wurde mit den Stimmen der großen Koalition gleichzeitig die Einrichtung eines „Medienrates“, ähnlich dem Rundfunkrat der Hansestadt. Dort sollte nach Vorstellungen der Grünen die Entwicklung des Internet-Dienstes begleitet werden. Besetzt werden sollte er mit Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Gruppen. cd