piwik no script img

Podewil lärmt für Ruhe im Haus

■ Nachbargebäude des Kulturzentrums in Mitte wird ab Januar umgebaut. Die Bäume auf dem Hof müssen einer Tiefgarage weichen. Gestern protestierten die Künstler bei der Kultursenatorin. Baustadtrat: „Kulturverwaltung ist eingeknickt“

20 Minuten lang erschütterte ihr inszenierter Baulärm aus Megafonen, Instrumenten und Lautsprechern den vierten Stock der Kultursenatsverwaltung. Vergeblich: die KünstlerInnen des Kulturzentrums Podewil fanden gestern bei der neuen Kultursenatorin Christa Thoben (CDU) kein Gehör.

„Stellen Sie den Krach ein. Hier müssen Leute arbeiten“, versuchte Büroleiter Burkhart Woelki, flankiert von Polizisten, die rund 35 Protestler abzuwimmeln. „Genau so geht es uns auch“, so die lautstarke Antwort. „Auch wir können bei solchem Lärm nicht arbeiten.“

Bis jetzt laufen nur Vorarbeiten für den Umbau des Gebäudes Klosterstraße 71/72 in Mitte. Ab Januar soll es richtig losgehen. Die im unmittelbar angrenzenden Podewil arbeitenden Künstler fürchten um die notwendige Ruhe für Proben- und Veranstaltungen – und damit um ihre Existenzgrundlage. Beide Areale gehören dem Land Berlin, die Hausnummer 71/72 soll zu einem Bürokomplex ausgebaut und an eine Krankenversicherung verkauft werden.

Wand an Wand mit der Baustelle liegt das große Tanzstudio des Kulturzentrums. „Wir werden unsere eigene Musik nicht hören und nicht lüften können“, befürchtet Tanzassistentin Susanne Foellmer. Internationale und Berliner Tanzensembles verlören mit dem frisch renovierten Probenraum einen der schönsten der Stadt, so Foellmer.

„Die Bauarbeiten werfen unseren ganzen Veranstaltungsplan über den Haufen“, kritisiert Choreograph Xavier Le Roy. „Viele Künstler werden sich neue Arbeitsräume suchen müssen. Wo, weiß keiner.“ Zudem soll der Hofgarten des Podewil mit seinen alten Bäumen – beliebter Platz für Open-Air-Veranstaltungen – einer Tiefgarage zum Opfer fallen.

Als Reaktion auf den Protest teilte die Kulturverwaltung zwar mit, sie werde sicherstellen, Beeinträchtigungen und Bauzeit so gering wie möglich zu halten. So soll der Garagenbau nicht in die Sommersaison fallen. Bei Bedarf werde nach Ausweichmöglichkeiten für die Künstler gesucht. Bau und Verkauf seien aber Sache der Finanzverwaltung, das Kulturressort nur „Drittbetroffener“.

Das sieht der Baustadtrat von Mitte, Thomas Flierl (PDS), anders: „Hier steht das Land Berlin sich selbst im Weg. Die Kulturverwaltung ist ganz einfach eingeknickt, als sie dem Tiefgaragenbau zugestimmt hat.“

Das Versprechen Woelkis, spätestens Anfang nächster Woche würden sie einen Termin mit der Senatorin bekommen, kann die Künstler kaum besänftigen. „Da sieht man’s“, so Foellmer. „Ihr Interesse gilt bestimmt nicht der Off-Kultur.“ Markus Wier

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen