: Hochkant am Baum parken
Erweiterung des Messegeländes stellt vor allem die Verkehrsfrage ■ Von Peter Ahrens
Der Wirtschaftssenator verspricht ein „verträgliches Nebeneinander“, aber im Karoviertel sind viele skeptisch. Wenn ab 2002 das Messegelände in der Nachbarschaft erweitert wird und dann wie geplant auch 4000 neue Tiefgaragenparkplätze entstehen, befürchten sie, dass das noch mehr Autoverkehr ins Viertel bringt. Die GAL-geführte Stadtentwicklungsbehörde sagt dagegen: Gerade mit der Tiefgarage unter der Glacischaussee wolle man die autofahrenden und parkplatzsuchenden Messebesucher aus dem Quartier vertreiben.
Die Verkehrsinitiative Karoviertel steht auf dem Standpunkt: „Neue Stellplätze ziehen nur neuen Autoverkehr an.“ Eine Gefahr, die auch der GAL bewusst ist. Fraktionschefin Antje Möller verlangt daher ein Verkehrskonzept, „das alle Register zieht, um den Parksuchverkehr rund um die Messe auf ein Minimum zu reduzieren“. Ein solches Konzept gibt es aus Sicht des oppositionellen Regenbogen allerdings bisher nicht mal im Ansatz. Dessen Verkehrsexpertin Heike Sudmann sagt voraus: „Dieses innerstädtische Gebiet wird den Verkehr aufsaugen wie ein Schwamm das Wasser.“
Eine Sorge, die auch der Sprecher der Verkehrsinitiative Karoviertel, Ingolf Goritz, hat. Umso wichtiger sei es, dass umgesetzt wird, was der grüne Senator für Stadtentwicklung, Willfried Maier, angekündigt hat: Es werde keine „überfallartigen Lösungen“ geben, nichts werde ohne die Mitsprache der Anwohner geschehen. Auch Möller ist überzeugt: „Das Projekt funktioniert nur mit einem breiten Konsens aller im Viertel.“ Wenn Messe ist, gleichzeitig der Dom auf dem Heiligengeistfeld stattfindet und dann noch der FC St. Pauli spielt, dann bricht verkehrstechnisch im Karoviertel regelmäßig die Apokalypse aus. „Alle gieren nach einem gebührenfreien Parkplatz, da wird schon mal hochkant am Baum geparkt“, sagt Goritz. Und auch für Charly Jungbluth, Sprecher des neuen Gewerbevereins Karoviertel, ist das mit den Autos „völlig nervig“. Die Einbindung des S- und U-Bahnhofes Sternschanze in den Messeverkehr ist aus Goritz' Sicht daher unverzichtbar. Jungbluth sagt „jetzt schon allen Kunden, sie sollen bloß ihr Auto zu Hause lassen“, aber das nütze kaum etwas. Wenn das durch die Erweiterung schlimmer würde, „dann sehe ich schwarz“.
Doch Jungbluth hat im Moment noch nicht so viel Zeit, sich um Verkehrskonzepte ab 2002 zu sorgen. Er hat aktuellere Probleme. Die groß propagierte Sonntagsöffnung im Karoviertel, die sein Gewerbeverein für dieses Wochenende vorhatte (taz berichtete), wird jetzt nur eine Öffnung light, nachdem die Behörden mit Verbot und Strafe gedroht hatten: Die Geschäfte haben nun zwar geöffnet, aber es wird nichts verkauft. Man kann sich in den Läden nur umschauen.
Es lohnt also am Sonntag nicht, zum Einkaufen ins Karoviertel zu kommen – mit dem Auto schon gar nicht.
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