Mit Kubas Wirtschaft auf Du und Du: Kräftiger Aufschwung
Um die sechs Prozent Wirtschaftswachstum werden es zum Jahreswechsel sein, da ist sich Kubas Wirtschaftsminister José Luis Rodriguez sicher. Für den Wirtschaftswissenschaftler im Ministerrang befindet sich sein Land auf dem Wege der Erholung und wird auch in den nächsten Jahren mit Wachstumsquoten von fünf bis sechs Prozent auf sich aufmerksam machen.
Doch schon einmal, 1996, hatte das Land mit einem spektakulären Wachstum von 7,8 Prozent überrascht und blieb anschließend doch hinter den Erwartungen zurück. Damals wie heute war es die Zuckerindustrie, die hinter dem Aufschwung steht. Auf 500.000 Tonnen oder 15 Prozent beläuft sich der Zuwachs in diesem Jahr. Unterm Strich wird dennoch nicht mehr Geld in die klammen Kassen der Regierung fließen. Verantwortlich dafür sind die niedrigen Weltmarktpreise für Zucker. Auch der Zuwachs bei der Nickelproduktion, dem zweitwichtigsten Exportprodukt, kann diese Verluste nicht auffangen.
So bleibt es dem Tourismus überlassen, für die nötigen Devisen zu sorgen. 1,7 Millionen Touristen werden bis Ende des Jahres Kubas Flughäfen passiert und etwa 2 Milliarden US-Dollar im Lande gelassen haben, so die Kalkulation. Auf knapp 20 Prozent beläuft sich die jährliche Wachstumsquote der Branche, die sich in wenigen Jahren zum wichtigsten Devisenbringer des Landes entwickelte. Für Entwarnung ist es jedoch viel zu früh, denn die Nettoeinnahmen aus dem Tourismus decken gerade einmal die Kosten der Nahrungsmittelimporte in Höhe von rund 900 Millionen US-Dollar. Der finanzielle Drahtseilakt der mit rund 11 Milliarden US-Dollar bei den Industrieländern verschuldeten kubanischen Regierung wird also weitergehen.
Kredite aus dem Ausland, die nach einigen erfolgreichen Umschuldungsverhandlungen (Japan, Argentinien, Mexiko) wieder langsam zu fließen beginnen, oder Gewinne aus Beteiligungen wie der von Altadis an Habanos S.A. sind also unerlässlich für die langfristige Erholung der kubanischen Wirtschaft. Dabei könnte der Erfolg im Tabaksektor den Verantwortlichen in Havanna als Beispiel dienen. Die flexible Anbau-, Ankaufspreis- und Lohnpolitik hat die Zuwachsraten bei der Zigarrenproduktion erst ermöglicht. Ein Beispiel, das in modifizierter Form für die gesamte Landwirtschaft denkbar wäre und zur Substituierung zahlreicher Lebensmittelimporte und zur Erholung der kubanischen Wirtschaft beitragen könnte. Knut Henkel
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