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Soundcheck

Sonnabend: Sensibell/Contriva/Fred is dead.Contriva ist eine Berliner Band, die man immer zusammen mit Mina erwähnen sollte, da dort nämlich zwei Mitglieder von Contriva mitspielen und weil beide Bands gleich groß werden wollen (und auch sollen). Sie bekennen sich „ausdrücklich zum Indie-Rock“ (Bandinfo) und spielen eher melancholische, ohrwurmige Instrumentalstücke – zumindest bisher, denn auf dem im Januar erscheinenden ersten Langspieler ist sogar Gesang zu hören. Sie klingen ein bisschen wie nicht so Krautrock-vernarrte Stereolab und wie die beliebtes-te Anorak-Band der Achtziger, The Field Mice. Um die trockene, meist akustische Gitarre schlängelt sich eine opulente Basslinie und ein feines Netz aus Orgelmelodien, die vom eher sparsamen Schlagzeugspiel zusammengehalten werden.

Wenn man Contriva auf Berlin anspricht, was natürlich okay ist, und vielleicht sogar ausgerechnet das Wort „Wohnzimmermusik“ fallen lässt, müssen sich sowohl Mina als auch Contriva erst mal gepflegt übergeben, weil ihnen diese Schublade überhaupt nicht paßt. Die zweite Band des Abends, Fred is dead aus Landsberg, spielt in ähnlich klassischer Besetzung und mag das Wohnzimmer – wenn überhaupt – nur als Fata Morgana. Sie haben mit ihrer neuesten Platte, Mosaic, zu einer angenehm unprätentiösen Fröhlichkeit gefunden, die auf den vorherigen Werken noch nicht so ausgereift war. Öfters findet sich der Hörer in einer Art Blaupause für einen Spaghetti-Western wieder, um schon im nächsten Moment mit glamourösen Discohandclaps konfrontiert zu werden oder dem Soundtrack zu einem dieser komplizierten französischen Beziehungsfilme beizuwohnen. Sehr schön dazu ist der zwischen Wolfgang Petters (seines Zeichens Gitarrist von Fred is dead und Betreiber des Hausmusik-Labels) und Katja Raine (Klavier/Orgel) aufgeteilte Gesang, mal englisch, mal deutsch, wobei Wolfgang sich mehr dem Sprechgesang verschrieben hat und Katja einfache, süße Melodien singt, die an Folk-Heldinnen wie Penelope Houston oder Barbara Manning erinnern. Eine runde Platte, die sich live sicherlich ganz kuschelig präsentieren ließe, wenn da nicht der Hang der Band zu gerne auch wilden Lärmexzessen wäre, wie man von einigen früheren Hamburger Konzerten weiss – im legendären Heinz Karmers beispielsweise. Bei „Lärm“ lässt sich auch die Band einordnen, die die Party in der Astrastube (und nicht, wie ursprünglich geplant, in der Bar do Sul) eröffnen wird: Sensibell, angeführt von einem gewissen „SchMichi“ vom „Mythos“-Plattenladen, der sich ganz unüberhörbar dem tocotronicschen Rockgedanken verschrieben hat und Texte singt wie „Zu meinem privaten Glück fehlt mir das Gegenstück.“

Barbara Schulz

21 Uhr, Astrastube, Max-Brauer-Allee/Sternbrücke

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