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NS-Entschädigung erst nach quälenden VerhandlungenWeder Freude noch Genugtuung

Natürlich, natürlich, jetzt gilt es, angesichts der Einigung zur Entschädigung der Zwangsarbeiter erleichtert aufzuatmen, den Grafen Lambsdorff zu loben, noch bestehende grobe Ungerechtigkeiten und bürokratische Hemmnisse zu beseitigen – und auf den raschen Beginn der Auszahlungen zu drängen. Aber weder Freude noch Genugtung stellen sich ein. Denn wenn auch das Ende passabel erscheint, ist deswegen noch lange nicht alles gut.

Das Schauspiel dieser sich quälend hinziehenden Verhandlungsrunden, war es wirklich notwendig? Hätte der Öffentlichkeit, die eine einfache Geste erwartete, nicht dieses Abrutschen in Tarifrundenmentalität, zweistellig vor dem Komma oder einstellig, erspart bleiben können? So ist das eben mit noblen Gesten, könnte die Antwort lauten. Sie werden zerrieben. Wo das Subsystem Ökonomie im Spiel ist, gelten dessen Gesetze: Aber diese Antwort ist falsch, denn es gab eine Alternative. Der Koalitionsvertrag sah eine Bundesstiftung für die Entschädigung der Zwangsarbeiter vor, eine Reihe von Unternehmen signalisierte Bereitschaft, sich zu beteiligen. Es gab Hans-Jochen Vogel, in den allen Beteiligten Vertrauen setzten. Notwendig wäre lediglich gewesen, eine Summe festzusetzen, einen Mitarbeiterstab zusammenzuziehen und, ganz ohne Länderquoten und vermittelnde Instanzen, mit der Auszahlung zu beginnen. Aber dann kam die Idee ins Spiel, die öffentlichen Kassen möglichst zu schonen. Erst wollte der Bundeskanzler überhaupt nichts zahlen, dann eine relativ geringe Summe, schließlich – angesichts des drohenden Scheiterns – die Hälfte der Gesamtsumme. Es musste unbedingt der selbst ernannte Trouble-Shooter Bodo Hombach eingesetzt werden. Jetzt ging es vor allem um den Schutz der in der Stiftungsinitiative zusammengeschlossenen Unternehmen vor doppelter Zahlung.

Nichts gegen die amerikanischen Anwälte, manche haben sich seit vielen Jahren um die Entschädigung der Zwangsarbeiter bemüht, ohne einen Cent zu sehen. Aber die rechtzeitige Einrichtung einer Bundesstiftung und individuelle Auszahlung hätte die Gefahr minimiert, dass Unternehmen mit Töchtern in den USA im Gefolge einer class action hätten zahlen müssen. Voraussetzung wäre allerdings ihr Beitritt zur Bundesstiftung gewesen. Die Interessen der deutschen Unternehmen sind eben nicht identisch mit den Interessen der Bürger. Das einzusehen, ist allerdings zu viel verlangt von unserem Bundeskanzler, auch jetzt. Christian Semler

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