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BIG-Senat genehmigt wieder Millionen-Projekte

■ Contrescarpe-Ecke geht an KPS, Stahlwerke kriegen neun Millionen und andere Geldsegen

Gestern hatte der Bremer Senat eine schöne Sitzung. Er konnte vor allem Geldausgaben beschließen. Die wichtigste: Das begehrte „Contrescarpe“-Grundstück am Herdentorsteinweg, direkt gegenüber vom Hillmann-Hotel gelegen, soll nicht an „Eurogate“, sondern an die KPS-Gruppe gehen. 171 zusätzliche Mitarbeiterstellen will die Gruppe dort schaffen, die neben dem Weser Report die AbisZ herausgibt, als Konzertverstalter auf dem Pop- und Klassik-Bereich tätig ist und seit bald zwei Jahren auch das bundesweit arbeitende KartenVerkaufssystem „CTS“ besitzt. CTS vermarktet Pop-Musik und inzwischen auch Fussball-Karten. Die CTS-Zentrale, die derzeit noch in München ihren Sitz hat, soll nach Bremen in das neue Gebäude umziehen.

Sechs Stockwerke hoch soll das Verwaltungsbäude werden, auf 1.500 Quadratmetern Grund (5,5 Millionen Mark kostet das Grundstück in Bahnhofsnähe) sollen ca. 7000 Quadratmeter Bürofläche entstehen. Der Straßenzug vom Finanzamt Richtung Hillmann würde zugunsten des Bürohauses entwidmet. Über die Gestaltung wurden keine Auflagen gemacht.

Der Bremer Senat beschloss gestern weiterhin, seiner „Bremer Investitionsgesellschaft“ (BIG) zu dem Kaufpreis von neun Millionen Mark für das Telekom-Gebäude an der Langenstraße noch 15 Millionen für den Umbau zu spendieren. Das Gebäude sei wegen der wenig tragenden Decken, des Denkmalschutzes der Fassaden und der geringen Eignung für Läden (Hochparterre) nicht für eine rein kommerzielle Verwertung geeignet, erläuterte BIG-Chef Ulrich Keller. Die BIG will nun selbst einziehen und in der unteren Etage eine Passage einrichten, die von innen her zugänglich sein soll.

Neun Millionen Mark beschloss der Senat für die Stahlwerke Bremen als Kaufpreis für eine 35 Hektar große ungenutzte Fläche hinter dem Stahlwerk. Das Stahlwerk braucht dringend Liquidität, daher der Zeitpunkt, erläuterte Wirtschaftssenator Josef Hattig. Schon vor Jahren hatte Bremen dem Stahlwerk durch Grundstückskäufe in seiner Krise geholfen, „Industriepark West“ wurde das Projekt damals genannt. Allerdings wurden bisher von den 113 Hektar Industriegebiet nur 16 Hektar vermarktet. Wenn die A 218 mit dem Weser-Tunnel fertig sei, dann sei der Industriepark West eine verkehrlich hervorragend angebundene Lage, begründete Hattig die Zukunftsinvestition des Landes zugunsten der Stahlwerke. Mit 25 Mark pro Quadratmeter bezahlte das Land 25 Prozent mehr als der Gutachter empfohlen hatte.

Schließlich gab der Senat gestern grünes Licht und neun Millionen Mark Mitgift für ein Lieblingsprojekt des Bürgermeisters: Das bisher als Polizeiwache genutzte historische „Haus Vorwärts“ in der Sandstraße soll nicht – wie sonst das Tafelsilber – unter den Hammer kommen. Zunächst hatte Scherf sich vorgestellt, die SPD-nahe Frie-drich-Ebert-Stiftung könnte ihr Hand auf das Haus legen und es irgendwie nutzen; die Stiftung wollte aber die laufenden Kosten nicht tragen. Nun soll aus dem „Haus Vorwärts“ ein „BUSC“ werden, ein „Bremen-United-States-Center“. Wer sich da wie treffen könnte, steht noch nicht fest, das Konzept soll später beraten und beschlossen werden.

Im Haushaltsplan stehen die Mittel für die vorgenannten Projekte nicht. Das Spielgeld hat der Senat, da das Land einen Teil der „NSB“ verkaufen konnte. „NSB“ steht für Nieder-Elbe-Schiffahrtsgesellschaft; der Senat hatte diese Anteile 1995 dem Vulkan für 80 Millionen Mark abgekauft mit der Begründung, dem Konzern müsse zum Überleben bei der Liquidität geholfen werden. Lange Jahre hatte man für die NSB keine Käufer gefunden. Nun wurden „Stille Schiffsbeteiligungen“ herausgelöst, für die NSB konnte ein Erlös von 65 Millionen vereinbart werden. Die „stillen Beteiligungen“ hätten einen Buchwert von 50 Millionen Mark, versicherte BIG-Chef Keller, der sich „mit Sicherheit realisieren“ ließe. Nur der derzeitige Käufer wollte sie eben nicht.

Mit dem Rest aus dem Verkaufserlös, so versicherte Hattig, soll nicht in Bedrängnis geratenen Senatskollegen geholfen werden, 30 Millionen Mark sollen mit der Tilgung von Zinsen verrechnet werden. Das Land Bremen zahlt allerdings für die gesamten 80 Millionen Mark seit 1995 Zinsen. Streng genommen werden alle neuen Projekte auf Pump realisiert. K.W.

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