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Glatt gebügelte Hauptstädter

Die Deutsche Welle strahlt zum Ende des Jahres weltweit ihre Serie „Menschen im neuen Berlin“aus. Vorgestellt werden aber nur die altbekannten NeuberlinerInnen ■ Von Kirsten Küppers

Wie isser denn nu, der Berliner? Alles Harald-Juhnke-Typen mit Currywurst-Verschlagenheit? Türkpopversessene Busfahrer oder Trachtenjankerimporte, die „eene Molle mit Korn“ bestellen?

Die Deutsche Welle denkt bei Berlin eher an Johannes Rau, debis oder den französischen Botschafter. Ab 27. Dezember strahlt das Auslandsfernsehen seine fünfteilige Serie „Menschen im neuen Berlin“ aus. Weltweit flimmert dann über die Bildschirme, was Produzent Ingo Langner und die an der Konzeption beteiligte Gesellschaft für Hauptstadt-Marketing mbH, Partner für Berlin, sich als das „neue Berlin und als spannendste Stadt Europas“ zurechtbasteln. Und das beschränkt sich eher auf das Erhaschen von O-Tönen derer, die bisher noch in jedem Feature über die Neuberliner Republik verwurstet wurden: Paulus Neef, der Gründer der Multimedia-Firma Pixelpark, darf wieder mal sagen, dass man mutig sein muss in der Branche, Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums, wird interviewt, und Claus Peymann, neuer Intendant des Berliner Ensembles, geriert sich in gewohnter Manier als unangepasst-sympathisches Künstlerviech.

Für die Stadt sei es „überlebensnotwendig“, die Neugier des Auslands an Berlin derart zu befriedigen, sagte gestern Volker Hassemer, Geschäftsführer von Partner für Berlin, bei der Vorstellung der Folgen im leopardenfellplüschigen Kinosaal vom Planet Hollywood. Denn Berlin sei international viel zu wenig vernetzt.

Und das Zielpublikum, die Entscheidungsträger im Ausland, will nun einmal die „Neuschwanstein“-Figuren lieber sehen als „eine Burg im Hessischen“, rechtfertigt auch Christoph Lanz, Chefredakteur von Deutsche Welle-tv, die glatt gebügelten Porträts. Trotzdem habe man sich bemüht, keinen Hochglanz-PR-Film für Investoren zu drehen, meint Produzent Langer. Das Projekt Großflughafen Schönefeld komme schließlich auch vor, und „jeder weiß, dass das keine Erfolgsgeschichte ist“.

Die Macher hoffen nun, dass der SFB die Serie übernimmt und damit auch den Berlinern zeige. Auf die dürfte die Reihe allerdings mehr als schal wirken, schrammt sie doch messerscharf am Berliner Alltag vorbei.

Dass die Hauptstadt bei solchen Glitzervergleichen überdies stets miefiger rüberkommt als München, ist auch so ein viel gesehenes Phänomen. Immerhin sieht es schon fast metropolenmäßig aus, wenn in der Folge „Diplomatie“ der französische Botschafter mit seiner chinesischen Frau zum Shopping über die regennasse Friedrichstraße hüpft.

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