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Stehende Entwicklung

■ Ärztepräsident kritisiert sich und Politik

Für Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Hamburger Ärztekammer, hat die Politik 1999 „wieder einmal auf der ganzen Linie versagt“. Zentrale Fragen zur Zukunft des deutschen Gesundheitswesens seien in der Debatte um die Geundheitsreform offen geblieben.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer nannte er „Siegerin nach Punkten“. Zwar habe die Grüne Reform-Elemente wie Hausarztbonus und Stärkung von Verbraucherverbänden und Krankenkassen „fast ungeschmälert über parlamentarische Hürden gebracht“, Kernpunkte wie das Globalbudget habe sie aber aufgeben müssen.

Dass dies am Widerstand aller Beteiligten im Gesundheitswesen gescheitert ist, bezeichnet der Ärztepräsident selbstkritisch als teuer erkauften „Pyrrhus-Sieg“. Denn nun sei ein „Stillstand der Fortentwicklung zu beobachten“. Sektorale Budgetierungen würden zunächst jede vorwärtsorientierte Veränderung abwürgen.

Als Hauptverlierer des Jahres 1999 bezeichnet Montgomery jedoch die Demokratie: Die unprofessionelle Behandlung des Gesetzesvorhabens in Bundestag und Bundesrat sei beispiellos. Erst fanden sich in der Vorlage Paragrafen, die nie besprochen worden waren, später dann fehlten 20 Seiten.

Für 2000 erwartet Montgomery eine Gesundheitspolitik, die sich mit eher „weichen Themen wie Patientenrechten und Fortpflanzungsmedizin beschäftigt“. Das verabschiedete Reformgesetz werde nicht ausreichen, um die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung im Zaum zu halten. Ein Aufbrechen verkrusteter Strukturen allerdings und der notwendige Versuch, gemeinsam mit allen Beteiligten die Strukturprobleme anzugehen, sei durch die Verfestigung des Status Quo noch weiter erschwert worden. san

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