Achtung: Neujahrsbesänftigung

■ Der angekündigte Nachschlag für Kultursenator Schulte reicht hinten und vorne nicht, meint die SPD-Politikerin Carmen Emigholz und fordert Offenlegung aller Probleme

Kultursenator Bernt Schulte (CDU) freut sich öffentlich über einen Nachschlag. Kurz vor Silvester hat er verkündet, dass ihm Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) sechs Millionen Mark für einen Umbaufonds in Aussicht gestellt hat. Außerdem wurde die bereits angekündigte Verschickung von Briefen mit der Kündigung des Vertrauensschutzes erstmal gestoppt. Die kulturpoliltische Sprecherin der mitregierenden SPD, Carmen Emigholz, sagt, was davon zu halten ist.

taz: Die Geldprobleme in der Kultur scheinen teilweise gelöst zu sein. Ist jetzt alles in Butter?

Carmen Emigholz: Ich halte das für eine aus Sicht des Senators verständliche Neujahrsbesänftigung. Aber ich weiß nicht, ob es klug von Schulte ist, diese Zahl zu nennen. Wie soll man von sechs Millionen Mark aufwendige Umstrukturierungen finanzieren? Das Geld reicht nicht mal, um die Löcher im Etat zu stopfen. Außerdem hat sich der Senat mit diesem Umbaufonds noch nicht beschäftigt. Und ich wage auch zu bezweifeln, dass wir am Ende sechs bis sieben Millionen Mark durch Umstrukturierungen einsparen können. Das begreift langsam auch die CDU. Bei den Koalitionsverhandlungen war es noch nicht möglich, mit der CDU den Bedarf für die Kultur zu quantifizieren. Da haben sie die Nöte noch nicht gesehen, obwohl sie es besser hätten wissen können. Schultes Vorgängerin Bringfriede Kahrs hat es immerhin hingekriegt, die jetzigen Nöte nicht aufkommen zu lassen. Sie hat die Gestaltungsmöglichkeiten ihres Ressorts auch genutzt. Das ist bei diesem Zuschnitt, den die CDU wollte, nicht möglich. Deshalb müssen wir jetzt sensibel und mit guten Argumenten für die Sache werben.

Wie viel Geld müsste denn jetzt in einen Umbaufonds fließen?

Ich will mich jetzt nicht auf eine Zahl festlegen. Aber bislang ist noch unklar, ob sich die Senatoren für Bildung und Kultur darüber geeinigt haben, wer die abgeordneten Lehrer im Kulturbereich finanziert. Wenn außerdem noch offen ist, wie die Entwicklungskosten für die neuen Eigenbetriebe finanziert werden, ist das Loch im Kulturetat um weitere 4,5 Millionen Mark größer. Deshalb fordere ich vom Kulturressort eine seriöse Finanzplanung mit Offenlegung aller Probleme. Aber ich bin unbedingt dafür, dass wir für die Kultur Geld erkämpfen. Wir müssen einfach ein Vertrauen schaffen, dass die Kulturszene in den nächsten beiden Jahren in Ruhe arbeiten kann, und die Zeit effektiv für einen Umbau nutzen.

Aber wenn Sie der Kultur mehr Geld zur Verfügung stellen, kommen doch sofort Ihre SPD-Senatoren Hilde Adolf, Tine Wischer und Willi Lemke und halten auch die Hände auf. Wie überzeugen Sie die denn davon, dass Sie für die Kultur mehr Geld geben wollen?

Wenn man die Zahlen anderer Städte heranzieht, steht Kultur im Vergleich zu Bildung oder Soziales in Bremen schlecht da. Das ist uns mehrfach gutachterlich bestätigt worden. Uns wurde auch nie vorgeworfen, dass wir in Bremen für Kultur zu viel Geld ausgeben. Außerdem muss man sich fragen, ob Ausgaben für Kultur wirklich konsumtive Ausgaben sind. Man sollte diese Infrastruktur in ihrer Bedeutung nicht unterschätzen. Kultur ist kein Luxus. Die Kinos klagen zurzeit über Besucherrückgänge. Doch Theaterintendant Klaus Pierwoß schafft es, immer mehr Menschen ins Theater zu locken.

Doch Klaus Pierwoß hat gerade angedroht, Bremen zu verlassen, wenn sein Vertrag nicht bis zum 15. Februar unterschrieben wird.

Mit diesem Ultimatum hat er sich selbst in eine schwierige Lage gebracht. Er meint es ernst, und er glaubt, dass die Politik seine Leis-tungen nicht positiv genug bewertet. Aber wir wollen ihn wegen seiner großartigen Leistungen für Bremen halten.

Er pocht auf der Zusage, dass er die Tarifsteigerungen nicht aus seinem Etat bezahlen muss.

Wenn alle Kultureinrichtungen mit Ausnahme des Theaters die Tarifsteigerungen aus ihrem Etat bezahlen müssen, dann könnte es mit der Solidarität in der Kulturszene schnell vorbei sein. Wir müssen deshalb eine Regelung mit Pierwoß finden. Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass das Theater von der Finanzierung der neuen Probebühnen entlastet wird und wir die So-ckelfinanzierung anheben, um Planungssicherheit für seine in Angriff genommenen Spielzeiten zu gewähren. Wir müssen das aber unbedingt vor dem 15. Februar schaffen. In den nächsten zwei Wochen werden die SPD-Kulturdeputierten auch für die anderen Bereiche konkrete Vorschläge machen.

Fragen: Christoph Köster