: Bröckel-Trost Mehr tun statt wegsehen
Psychisch krank? Hab ich nix mit zu tun. Das ist eine Standardreaktion. Tatsächlich ist der Alltag so geschnitten, dass diese Aussage für viele zutreffen kann. Wer nicht selbst die Klippen des seelischen Abgrunds kennt oder FreundInnen oder Familie dort erleben musste, braucht sich damit kaum zu befassen. Es wird viel getan, das Thema zu verstecken.
Nur wenn der Rausch, der Wahn oder der schizoide Schub das sorgsam aufgerichtete Gefüge ins Wa-ckeln bringt, wenn irgendwo jemand zuschlägt, blitzt die Haltlosigkeit des „ich doch nicht“ durch. Gegen diese Angst vor Kontrollverlust hilft es, sich als potentielles Opfer zu sehen. Daher stammt die Forderung nach Schloss und Riegel, die sich verstärkt durchsetzt.
In der Forensik materialisiert sich der Wunsch, mit psychischer Unberechenbarkeit nichts zu tun haben zu wollen. Dort leben die Kranken mit der Aussicht, bis ans Lebensende eingesperrt zu bleiben und die Zeit bis dahin nutzlos totzuschlagen. Immerhin – bloß die Zeit. Damit es kein Missverständnis gibt: In der Forensik landen oft unberechenbare Gewalttäter, denen manchmal niemand zu helfen weiß. Das lässt sich nicht schön reden. Die Forensik ist also auch eine Offenbarung – von der Hilflosigkeit der Helfer. Dennoch: Die wirklich Hilflosen bleiben die eingesperrten Täter. Für die Kranken muss mehr getan werden, nicht weniger. Der Trost, dass Bremen vergleichsweise nicht schlecht mit ihnen umgeht, bröckelt doch schon – im Knast. Eva Rhode
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