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Eher ein Manager nach innen als ein Mahner nach außen

Der neue Zentralratspräsident Paul Spiegel will sich verstärkt um die inneren Probleme der Jüdischen Gemeinden kümmern

Der Mann hinter der Bühne tritt ins Scheinwerferlicht. Paul Spiegel, Chef einer Künstleragentur aus Düsseldorf, ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er nimmt einen ehrenamtlichen Job an, der ihm die permanente Begleitung von Bodyguards einbringen wird, viel Arbeit, Todesdrohungen und jede Menge Ruhm.

Paul Spiegel wird vermutlich der letzte Vorsitzende des Zentralrats sein, der noch zur Generation der Holocaust-Überlebenden gehört. Der heute 62-jährige Spiegel wurde als Kleinkind während des Krieges von einem katholischen Bauern in Belgien versteckt, während seine Schwester Rosa umkam. Spiegel kehrte nach Deutschland zurück, arbeitete als Journalist und wurde auf Anregung des Quizmasters Hans Rosenthal Künstleragent.

Spiegel gilt in der jüdischen Gemeindschaft als Mann des Konsenses. Doch für was steht der bisherige Vizepräsident des Zentralrates? Spiegel will am Prinzip der Einheitsgemeinde festhalten, die versucht, die Juden aller religiösen Strömungen in einer Stadt zu vertreten. Nur so, erklärt er, habe der Zentralrat genug politische Macht gegenüber der Bundesregierung. Im Zentralrat will Spiegel, auch um sich nicht aufzureiben, eher kollektiv führen, sagt er.

Seine Konkurrentin bei der Wahl, Charlotte Knobloch (67), Münchener Gemeindevorsitzende, die nun erneut ins Vizepräsidentenamt gewählt wurde, gilt als orthodox, Spiegel als „traditionell“. Der neu gewählte Zentralratsvorsitzende ist nach eigenen Angaben nicht sehr religiös und deutet an, dass er sich gegen einen größeren Einfluss von Frauen auch im Gottesdienst nicht wehren wolle. Der Zentralrat ist klar orthodox bestimmt. So werden beispielsweise an die liberalen Gegengemeinden keine Gemeindesteuer-Einnahmen ausgezahlt.

In der am stärksten wachsenden jüdischen Gemeinschaft der Welt muss er sich vor allem darum kümmern, dass die zwei Drittel der Gemeindemitglieder, die aus Osteuropa zugewandert sind, integriert werden. Eine Mammutaufgabe: Denn 90 Prozent von ihnen sind Sozialhilfeempfänger. Spiegel fordert zur Lösung dieses Problems die Hilfe der Politik.

Etwa achtzig Prozent der Gemeinden sind stark verschuldet – Sozialhilfeempfänger zahlen keine Gemeindesteuern. Spiegel will sich stärker als Bubis um die inneren Probleme der Jüdischen Gemeinden kümmern. Beim Umgang mit der nicht jüdischen Mehrheitsgesellschaft möchte er eine „Wächterfunktion“ gegen Rassismus einnehmen, sagt er – wie sein Vorgänger Bubis wirft Spiegel Martin Walser geistige Brandstiftung vor.

Ist Spiegel „allenfalls eine Zwischenlösung“, gar ferngesteuert vom Medienmenschen Michel Friedman, wie Spiegels Zentralratskollege Michael Fürst aus Hannover unkt? Korn oder Friedman könnten Spiegel recht bald folgen. Aber viele Menschen wachsen ja mit ihren Aufgaben.

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