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Bieder ohne Biedermann: die Reißbrettsippe Brandt

Wieder eine neue ZDF-Familienserie – diesmal heißt sie „Nesthocker“ (19.25 Uhr, ZDF)

Das ZDF ist ja nicht von gestern. Und Sabine Postel war in „Nicht von schlechten Eltern“ immerhin schon mal eine gar nicht üble Mutter und Musiklehrerin. Was sprach also dagegen, auf Altbewährtes zu setzen und nach dem „Gleicher Look, neuer Schnitt“-Prinzip dieselbe Darstellerin als Serienmutti Marianne Brandt vor den ZDF-Familienfernsehkarren zu spannen?

So tobt also nun wieder eine Reißbrettsippe durch die Szenen. Dass in „Nesthocker – Familie zu verschenken“ nach dem Erfolg von, sagen wir, „Girl friends“ schon wieder die Sekretärin-schläft-sich-hoch-Nummer auf den Tisch kommt, soll einen nicht wundern: Das Rezept ist erfolgspatentiert beim Patentamt ZDF. Sekretärinnen sind so schön übersichtlich, und die ZDF-Chefs in den Programmplaneretagen wissen, dass die vielen frustrierten, verunsicherten, nicht mehr ganz taufrischen Hausfrauenmuttis unter den Zuschauerinnen, die auch gern wieder in ihren Beruf einsteigen wollen, ein bisschen Zuspruch gebrauchen können. Und den beschert der guten Marianne Brandt prompt Helmut Zierl als (so steht’s in Christos Yiannopoulos’ praxisorientierten Drehbuch) gutmütig-vertrottelter Anwalt Jan König, der auf poetisch-verspielte Weise mit dem delikaten Thema „Mariannes Alter“ umgehen darf, indem er behauptet, eine Frau sei wie eine Erdbeere.

Das ist so derart gönnerhaft und überflüssig, dass man sich fragt, warum sich Marianne einen so abgeschmackten Quatsch überhaupt bieten lässt, bis klar wird, dass sie Masochistin ist, was wiederum auch erklärt, warum sie ständig diesen demutsvollen Blick aufsetzt und den fiesen Personalchef, die peinlichen Kinder und die infantile Oma nicht einfach in ihren silbrigen Kleinwagen steckt und per Fußtritt in den Rhein befördert und warum sie zum Schluss auch noch mit Helmut Zierl in der Kiste landet, also im Bett.

Keineswegs abartig, sondern strategisch äußerst gewitzt ist es, den Ex-„Verbotene Liebe“-Darsteller und „Popmusiker“ Christian Wunderlich als Sohn Oliver einzustellen, denn aus irgendeinem Grund mögen Teenies dieses teigige Gesicht. Und dass „Olli“ wegen Albernheiten, hihi, gleich am ersten Tag oder so aus der Bundeswehr ausgemustert wird, um sich wieder (siehe Serientitel) bei Mutti einzuquartieren, könnte den einen oder anderen aufplatzenden Pubertätslacher ernten.

Nur dass das ZDF für die Rolle der Tochter des Hauses eine Schauspielerin namens Tanja Wedhorn engagiert hat und nicht Julia Biedermann, muss man ihm wirklich übelnehmen.

Monie Schmalz

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