Kopfschuss zum Kaffee

Ein Unbekannter ermordet den als Kriegsverbrecher gesuchten serbischen Milizenchef „Arkan“ ■ Aus Belgrad Andrej Ivanji

Zeljko Raznatović, genannt „Arkan“, ist tot. Laut Bericht des Untersuchungsrichters Miodrag Paunović wurde der serbische Milizenchef am Samstag um 17.05 Uhr in der Halle des Belgrader Hotels „Intercontinental“ durch Schüsse schwer verletzt. Während des Transports in ein Krankenhaus starb er. Arkans Leibwächter und ein weiterer Mann in seiner Begleitung wurden ebenfalls tödlich getroffen.

Die Aussagen der erschrockenen Augenzeugen sind widersprüchlich. Arkan, sein Sohn und seine Schwägerin sollen schon gegen 15.00 Uhr in das Hotel gekommen sein, ein beliebter und daher gut bewachter Treffpunkt sowohl ausländischer Medienberichterstatter, als auch der Belgrader Unterwelt. In guter Stimmung schlürften Arkan und Begleitung Kaffee, bestellten Saft und Kuchen. Arkan war Nichtraucher und duldete es nicht, dass in seinem Beisein Alkohol getrunken wurde.

Als sie aufbrechen wollten, kam laut Augenzeugenberichten ein „jüngerer Mann“ auf sie zu, schoss mehrere Salven aus einer Schnellfeuerwaffe ab und lief davon. Arkan, der in der Öffentlichkeit stets eine kugelsichere Weste trug, wurde von drei Kugeln in den Kopf getroffen. „Hinrichtungen“ dieser Art sind in Belgrad nicht unüblich. Auch der Polizeichef Serbiens und der Generalsekretär der regierenden Partei JUL starben einen ähnlichen Tod. Die Täter wurden nie ausfindig gemacht.

Arkans Tod wirft viele Fragen auf. Wer konnte es wagen den gefürchteten Milizenchef anzugreifen? Wurde er Opfer einer Abrechnung innerhalb der Unterwelt oder des Regimes, dem er zu mächtig und gefährlich geworden war?

Die größte serbische Oppositionspartei, die „Serbische Erneuerungsbewegung“, verkündete gestern, die Tötung von Arkan sei „ein weiterer Beweis für den Staatsterror in Serbien“. Andere Oppositionspolitiker erklärten, „Arkan habe einfach zu viel gewusst“, es sei klar, dass „die Täter niemals gefasst werden“.

Arkan, Vater von neun Kindern aus drei Ehen, war für viele Serben ein Held, ein schöner, jugendlicher Macho, der es mit Mut, Kraft und einem Revolver in der Hand zu Reichtum gebracht hatte. Sein Tod wird vielen Angst einjagen. Schon jetzt heißt es in der jugoslawischen Hauptstadt: Wenn man Arkan mitten in Belgrad liquidieren konnte, dann ist niemand in Serbien mehr sicher.

„Ich bin ein Löwe, der lebt wie er eben lebt, und alles was ich denke, das sage ich auch“, pflegte Arkan von sich zu sagen. Anfang 1995 hatte er die berühmte serbische Volkssängerin Ceca Velićković geheiratet – ausgerechnet im Hotel „Intercontinental“, jenem Ort, an dem er erschossen wurde. Beide galten als das serbische Traumpaar, als der „Held und die Schöne“, die Verkörperung des Erfolgs und des Reichtums der „neuen Klasse“ der Kriegsgewinnler in Serbien, die ihre ethischen und ästhetischen Vorstellungen der ganzen Gesellschaft aufgedrängt haben. Das einfache Volk wird Arkan als seinem Helden nachtrauen, einem Killer mit schelmischem Lächeln.