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Bertelsmann – auch in der NS-Propaganda führend

■ Historikerkommission bescheinigt dem Medienkonzern: Schon unter den Nazis waren die Gütersloher die Größten. Kapital für den Neustart schlugen sie aus Papierschiebereien

München (epd) – Der Bertelsmann Verlag war in der NS-Zeit der größte Produzent von Propaganda und Unterhaltungsliteratur für Soldaten an der Front. Zu diesem Schluss kommt die Unabhängige Kommission zur Erforschung der Geschichte des Hauses Bertelsmann im Dritten Reich. Gestern stellte sie in München erste Ergebnisse ihrer Nachforschungen vor. Laut Kommissionsbericht vertrieb Bertelsmann etwa 20,4 Millionen so genannte Wehrmachtausgaben und Feldposthefte an die deutschen Soldaten im Krieg. Auf einer Rangliste von 130 Verlagen, die damals von diesem Geschäft im Dienste des NS-Regimes profitierten, steht Bertelsmann auf Platz eins, noch vor dem Eher-Verlag, dem Parteiverlag der NSDAP.

Die Kommission war 1999 von Bertelsmann selbst eingerichtet worden, nachdem erste Vorwürfe gegen die Rolle des heutigen Medienkonzerns im Dritten Reich aufgetaucht waren. Die frühere Selbstdarstellung, wonach Bertelsmann als ein den Nazis missliebiger Widerstandsverlag geschlossen worden sei, wurde von der Kommission widerlegt.

Zwar habe Bertelsmann 1937 das Tecklenburger Bekenntnis der Bekennenden Kirche gedruckt. Die Mehrzahl der Autoren zu theologischen Themen seien aber aus dem Kreis der hitlertreuen Deutschen Christen gekommen. Zwar seien sowohl der Bertelsmann Verlag wie sein Ableger, der Rufer-Verlag, 1944 beziehungsweise 1943 geschlossen worden. Dies habe aber seine Ursache eher in Papierschiebereien, für die führende Verlagsmitarbeiter vor einem Heeresgericht angeklagt gewesen seien.

Auf ein Bild von der Persönlichkeit Heinrich Mohns, der die Verlage bis 1946 führte, hat sich die Kommission, die ihre Arbeit fortsetzen wird, noch nicht einigen können. Einerseits engagierte er sich in der oppositionellen Bekennenden Kirche in Gütersloh, andererseits war er ein so genanntes Förderndes Mitglied der SS. Dies bedeutete, dass er der SS regelmäßig Spenden in noch nicht bekannter Höhe zukommen ließ. Sein Verhalten sei „widersprüchlich“, so die Kommission, die sich weitere Aufschlüsse aus einem Interview mit seinem Sohn erhofft.

Reinhard Mohn führte Bertelsmann in der Nachkriegszeit zu der heutigen Weltgeltung. Der Kommissionsvorsitzende, der israelisch-amerikanische Historiker Saul Friedländer, sagte, für seinen Neustart in der Nachkriegszeit habe Bertelsmann in der NS-Zeit „einen Schatz“, nämlich „eine Menge Papier“, gehortet.

Noch keine Aussage machte die Kommission zu der Frage, ob in den Druckereien von Bertelsmann vor 1945 auch Zwangsarbeiter beschäftigt gewesen seien. Hierzu müsse die Personalbuchführung erst noch nachgeprüft werden.

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