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Sparen bis zum Grab

Riester will über langfristige Rentenentwicklung lieber doch noch nicht entscheiden. Rentengespräche werden morgen fortgesetzt

„Auch diejenigen, die heute jünger als 45 Jahre sind, müssen wissen, auf welche Rente sie sich einzustellen haben“

Berlin (taz) – Was die jüngere und mittlere Generation in Zukunft an Rente zu erwarten hat, bleibt weiterhin offen. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) erklärte, die Entscheidung über die Rentenentwicklung ab dem Jahr 2015 müsse nicht jetzt getroffen werden. Ab diesem Zeitpunkt steigt die Zahl der RentnerInnen dramatisch an, während immer weniger junge BeitragszahlerInnen in das Rentensystem einzahlen werden.

Experten hatten vorausgesagt, dass der Rentenbeitrag aufgrund der demographischen Entwicklung spätestens ab dem Jahr 2015 wieder erhöht werden müsse, um das Rentenniveau zu halten. „Wir brauchen ab 2015 neue Regelungen, wenn wir einen Beitragsanstieg über 20 Prozent vermeiden wollen“, räumte Riester ein. Eine Entscheidung darüber will der Minister aber nicht herbeiführen. Morgen treffen sich die Rentenexperten von SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen in Berlin zu einem Gespräch über die Reform der Altersversorgung.

Nach den Plänen Riesters wird das Eckrentenniveau mittelfristig von 70 auf 67 Prozentpunkte sinken. Dazu werden die Renten in den nächsten zwei Jahren lediglich entsprechend der Preisentwicklung angehoben. Anschließend möchte Riester die Renten wieder an die Nettolohnentwicklung anpassen.

CDU und Grüne legen für die Zukunft andere Szenarios vor. Beide Parteien wollen die demographische Entwicklung künftig in die Rentenberechnung mit einfließen lassen. Damit würde das Rentenniveau weiter sinken. Die grüne Sozialpolitikerin Katrin Göring-Eckardt erklärte, auch diejenigen, die heute jünger seien als 45 Jahre, müssten wissen, auf welche Rente sie sich einzustellen hätten. Auch nach dem Konzept der Grünen mit einem so genannten Generationenfaktor solle das Rentenniveau jedoch keinesfalls unter 64 Prozentpunkte fallen. Der ehemalige Sozialminister Norbert Blüm (CDU) hatte nach seiner Rentenreform ein künftiges Niveau von 64 Prozentpunkten vorausgesagt.

Falle das Rentenniveau zu sehr, müssten viele Menschen im Alter zusätzliche Sozialhilfe beantragen, erklärte Göring-Eckardt. Das Rentenniveau von 64 Prozentpunkten, das Blüm immer genannt habe, sei auch nur ein willkürlich gewählter Wert gewesen, um zu verhindern, dass zu viele Menschen in die Sozialhilfe glitten.

Eine große Rolle spielt bei den Rentengesprächen daher die Frage, wie künftige Altersarmut verhindert werden könne. Riester will die Anreize für eine zusätzliche Altersvorsorge verstärken. Wer weniger als 60.000 Mark brutto im Jahr verdient, bekommt jährlich eine Sparprämie von bis zu 250 Mark dazu, wenn er 2,5 Prozent vom Bruttogehalt für das Alter zurücklegt. Diese Förderung der privaten Vorsorge wird auch von den anderen Parteien begrüßt.

Gute Chancen haben auch Riesters Pläne, die Erziehung von Kindern stärker als bisher auf den Rentenanspruch anzurechnen. Pflichtbeitragszeiten bis zum 10. Lebensjahr eines Kindes sollen aufgewertet werden. Ehepaare sollen nach Riesters Vorstellungen künftig zwischen zwei Modellen der Rentenberechnung wählen können. Dabei können gemeinsam erworbene Ansprüche von Ehepartnern nach dem Tod eines der beiden gesplittet werden, wobei der hinterbliebene Partner dann 75 Prozent der gemeinsamen Ansprüche erhält.

Es kann aber auch wie bisher eine Witwenrente ausgezahlt werden, auf die sonstige Einkommen angerechnet werden. Die Neuregelungen sollen nicht mehr für die heute über 40-Jährigen gelten.

Die von Blüm eingeführten Abschläge wegen vorzeitigen Rentenbezugs vor dem 65. Lebensjahr sollen beibehalten werden. BD

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