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Spektakel versus Nüchternheit

■ Freitag beginnt im Kino 46 das Bremer Filmsymposium „Motion is emotion“. Wir sprachen mit einem der Organisatoren

Vom 21. bis 23. Januar wird im Kino 46 zum fünften Mal das Internationale Bremer Filmsymposium stattfinden. Das Motto: „Motion is emotion“. In diesem Rahmen steht ebenfalls die Verleihung des Bremer Filmpreises auf dem Programm. Die taz sprach mit einem der Organisatoren, Prof. Dr. Irmbert Schenk, Film- und Medienwissenschaftler an der Uni Bremen.

taz: Am Freitag wird zum zweiten Mal der Bremer Filmpreis verliehen. Er wird an die französische Regisseurin Agnès Varda gehen. Was ist das Besondere an Varda und ihrem Werk?

Schenk: Mit Agnès Varda wird eine der bedeutendsten weiblichen Filmemacherinnen in Europa geehrt. Zudem ist Varda jemand, die mehr als andere Filmemacher – auch die der „Nouvelle Vague“ – autonom arbeitet. Sie ist in ihrem Schaffen relativ unabhängig von filmischen Hauptströmungen geblieben. Schließlich ist sie im Vergleich zu den großen Namen der „Nouvelle Vague“, wie zum Beispiel Jean-Luc Godard, recht unbekannt. Das liegt vor allem daran, dass Agnès Varda sich nicht ohne weiteres einordnen lässt. Ihr Werk hat sehr experimentellen Charakter, sie vermischt beispielsweise die Verfahren des Spielfilms mit denen des Dokumentarfilms. Auch nimmt sie häufig einen feministischen Standpunkt ein.

Bürgermeister Hartmut Perschau hat in einem Grußwort das Motto „Motion is emotion“ aufgegriffen und in einen standortpolitischen Kontext gestellt. Auch in Bremen sei einiges „in motion“, Bremens jüngste Geschichte entwickele sich zu einer Erfolgsstory. Was halten Sie davon ?

Es gibt im kulturellen Bereich ganz allgemein das Problem der Finanzierung und der Unterstützung durch den Staat. Man ist unter anderem auf Sponsoring angewiesen. Letztlich machen wir das Symposium – wenn Politiker es unterstützen, freuen wir uns. Das Rathaus ist für die Preisverleihung doch ein schöner Ort.

Was genau hat es mit dem Motto „Motion is emotion“ auf sich?

Das wesentliche Kennzeichen des 20. Jahrhunderts ist Bewegung, ja Beschleunigung in allen Lebensbereichen – mag das auch einer der wesentlichen Fehlwege des Jahrhunderts sein. Das Kino mit seinen bewegten Bildern setzt diese gesellschaftliche Entwicklung medial um. Das Medium Kino setzt aber nicht nur filmtechnisch Bewegung in Szene, sondern es bewegt auch etwas im Zuschauer. Das Innere der Menschen, deren Gefühle und Phantasien, werden in Bewegung gesetzt. Und das ohne Begrenzung von Zeit und Raum, ähnlich wie im Traum. „Emotion“ steht für die psychische Bewegung der Kinobesucher. Sie können buchstäblich alles phantasieren. Es handelt sich um eine Flucht im positiven Sinne, um das phantasierte Ausleben von Gefühlen.

Sie sagten auf der Pressekonferenz, Bremen habe dieses Symposium nötig. Wie ist das gemeint?

Man muss sich vor Augen führen, dass Bremen eine Hansestadt ist, die durch Kaufmannstum und eine protestantische Ethik geprägt ist. Es gibt eine gewisse Aversion gegen alle Art von Spektakel- beziehungsweise Schaukünste. Diese Aversion muss immer erst überwunden werden. Fragen: tav

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