: Am ökologischsten ist immer noch ein Fußmarsch
Minister, Auto- und Mineralölfirmen testen neue Kraftstoffe. Klimmt kam zu Fuß
Berlin (taz) – Alternative Kraftstoffe – noch führen sie an den Tankstellen ein Nischendasein. Doch längst beschäftigen sich auch Verkehrsministerium, Autohersteller und Mineralölunternehmen mit der Frage, wie Erdgas, Methanol oder Wasserstoff flächendeckend im Straßenverkehr eingesetzt werden können. Im Frühjahr 1998, noch unter der alten Regierung, haben alle drei daher die „Initiative Verkehrswirtschaftliche Energiestrategie (VES)“ gegründet. Gestern hat die VES in Berlin eine erste Zwischenbilanz gezogen.
„Ein großartiger Erfolg“, behauptete BMW-Sprecher Horst Teltschik. Konkrete Ergebnisse nannte er allerdings nicht; man hoffe aber, die laufenden Forschungen bald beendet zu haben. BMW nimmt neben seinen Konkurrenten VW und DaimlerChrysler an der Regierungsinitiative teil. Außerdem sind der Nutzfahrzeug- und Maschinenbauer MAN, der Energiekonzern RWE sowie die Mineralölfirmen Shell und Aral mit von der Partie. „Wir hoffen, dass der Anteil der regenerativen Energien am Gesamtverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 15 Prozent steigt“, erklärte Verkehrsminister Reinhard Klimmt, der sich gestern auf seinen Urantrieb besann und wegen „zu viel Verkehr“ zu Fuß zur Pressekonferenz kam.
Von anfangs 15 getesteten Kraftstoffen sind derzeit noch drei im Rennen: Erdgas, Methanol und Wasserstoff. Erdgas hat den Vorteil, dass es reichlich zur Verfügung steht. Weltweit sind bereits fast eine Million Erdgasfahrzeuge im Einsatz. Den Rekord hält Argentinien mit rund 400.000 gasbetriebenen Bussen und Pkw, in Deutschland sind es etwa 5000. Der Einbau eines Gastanks in einen Pkw kostet zwischen 3.000 und 6.000 Mark.
Laut einer Studie des Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist der Erdgasbetrieb prädestiniert für innerstädtisch betriebene größere Nutzfahrzeuge, etwa Busse oder Müllwagen: Verglichen mit Dieselfahrzeugen stoßen Gasfahrzeuge keine Russpartikel- und Schwefeldioxide und bis zu 25 Prozent weniger Kohlendioxin aus. Der Nachteil, dass bislang bundesweit nur etwa 120 Tankstellen Erdgas verkaufen, schlägt im Nahverkehr weniger stark zu Buche – schließlich reicht eine Tankmöglichkeit in der näheren Umgebung. In Saarbrücken etwa sind viele Busse der städtischen Verkehrsbetriebe schon auf Gas umgerüstet. Die Erdgasförderung ist zudem preiswerter als Erdölgewinnung. Das schlägt sich, zusammen mit der bis 2009 geltenden Begünstigung bei der Mineralölsteuer, auch auf den Verkaufspreis nieder: Wer mit Erdgas fährt, zahlt im Vergleich zum Benzin nur etwa die Hälfte für seinen Treibstoff.
Methanol hat den Nachteil, dass bei seiner Herstellung ein Drittel der benötigten Energie verloren geht. Zudem geben Methanol betriebene Autos neben Wasserdampf auch Kohlendioxid ab. Dafür entstehen keine Stickstoffe oder Schadstoffpartikel.
Werden Fahrzeuge mit Wasserstoff betrieben, der in einer Brennstoffzelle verbrannt wird, so ist das die schadstoffärmste Lösung: Aus dem Auspuff strömt dann nur reiner Wasserdampf in die Luft. Nachteilig ist jedoch die aufwendige Herstellung. Derzeit, so Autoexperte Michael Müller vom VCD, wäre Wasserstoff noch gar nicht in den benötigten Mengen bereitstellbar.
Der VCD warnt, das Warten auf umweltfreundliche Kraftstoffe dürfe nicht zur „Untätigkeit bei der Optimierung von Diesel und Benzin“ führen. Da eine flächendeckende Umrüstung auf alternative Kraftstoffe zumindest für die nächsten 20 Jahre als utopisch gilt, muss der Verbrauch bei den herkömmlich betriebenen Autos gesenkt werden. Dazu, so Müller, müsse weiter an einer verbesserten Motortechnik gearbeitet werden, die Schadstoffe weitgehend herausfiltert. Alternative Kraftstoffe sollten parallel dazu getestet werden. Katharina Koufen
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