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Der das Haho spricht

Der Hamburger Sascha Draeger ist die deutsche Stimme von Teletubbie Dipsy: Ein anstrengender und lustiger Job  ■ Von Sandra Wilsdorf

Chef ist, wer ein „H“ hat. Denn der Boss hat mehr zu sagen und macht zum Gruße nicht „ao“, sondern „haho“. Allerdings kann man bei den Teletubbies nicht wirklich von einem Chef sprechen, denn wer rubbelt schon seinen Bauch an dem des Chefs und fordert, gekuschelt zu werden? Und wer erträgt, wenn er Dreiwort-Lieder über seinen kuhgemusterten Hut singt? Aber Dipsy ist immerhin mutiger als Po, Laa Laa und Tinky Winky, er ist ein Angeber und sehr musikalisch, deswegen ist er so etwas wie der Anführer der Teletubbies. Seine deutsche Stimme gehört dem Hamburger Sascha Draeger.

Der ist 32, sieht eher aus wie Sascha Hehn als wie Sascha Tubbie und wirkt kein bißchen debil. „Ich stehe dazu, dass ich ein Teletubbie bin“, sagt er. Mit Distanz: „Erwachsene können das Gebrabbel doch nur schwer ertragen.“ Wenn er und seine drei KollegInnen im Studio Hamburg die Teletubbieland-Geschichten eindeutschen, „müssen wir immer wieder Pause machen“. Kinder hingegen lieben die täglichen 15 Minuten englische Baby-Soap im Kinderkanal.

Nur Ignoranten fragen, was es an dem Gebrabbel zu synchronisieren gibt: „Kinderkanal, BBC, Autor und Regisseur haben ewig überlegt, wie sie „Big hug“ übersetzen sollen“. „Tubbie schmusen“ gefiel. Teletubbies zu synchronisieren sei anstrengender als jede Literaturverfilmung, sagt Draeger. Und auch nicht so befriedigend.

Aber Teletubbies sind auch nicht gefährlich: „Besser als wenn die Kinder etwas sehen, was sie nicht kapieren.“ Außerdem räche sich ohnehin, wenn Eltern ihre Kinder zu lange vor der Glotze absetzen. Die Rache heißt Merchandising und macht arm. Denn die sprechenden Plüsch-Tubbies, die CDs und Kassetten sind teuer. „Daran verdienen wir Synchronsprecher allerdings keinen Pfennig“, sagt Sascha Draeger.

Er bekam die Dipsy-Rolle, „nachdem die schon zehn Leute gecastet hatten und an jedem etwas auszusetzen hatten“. Von Teletubbies hatte er damals noch nie gehört. Aber seine Dipsy-Interpretation gefiel. Und jetzt gefällt er seinen Freunden. „Wo ich auftauche, muss ich den Dipsy machen, im Urlaub wurde ich nur Gipsy genannt“. Aber er versteht das, war früher auch nicht besser: Sein Vater ist die deutsche Stimme von Woody Allen und von Bibo aus der Sesamstraße. „Da haben wir früher auch immer unsere Freunde ins Wohnzimmer geschleppt und mein Vater musste reden wie Bibo.“

Diese Familiengeschichte hat auch Draeger zum Film gebracht. Er hat mit Judy Winter und Inge Meysel gedreht und während des BWL-Studiums immer wieder beim Film gearbeitet. Irgendwann war Sprechen attraktiver als Studieren. Heute leiht Sascha Draeger seine Stimme außer Dipsy auch Tarzan von „TKKG“, dem Mann aus der TUI-Werbung, der für Beschwerden zuständig und natürlich arbeitslos ist, und Superman auf Pro7. Außerdem spricht er bei „Baywatch“, „New York Police Department“ und sagt: „Für die einen ist es Duplo, für die anderen die schwereloseste Praline der Welt.“

90 Folgen Teletubbies sind schon im Kasten, 270 sollen es werden. Gerade aufgenommen: Laa Laa will etwas vorsingen, aber Tinky Winky kaut so laut Teletubbie-Toast, dass keiner sie versteht. „Da sagen wir den erstaunlich langen Satz: Hey Tinky Winky darf nicht seinen Toast knabbern, wenn Laa Laa singen will.“ Die gute Nachricht: „Am Ende singt Laa Laa so schön, dass wir alle einschlafen.“

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