: Beiräte wollen kein Feigenblatt sein
■ Beiräte-Kommission akzeptiert keine Personal-Einsparungen bei den Ortsämtern / Die Konsequenz: Bevor sie kaputtgespart werden, wollen die Beiräte lieber ganz aufgelöst werden
Die Arbeitsgruppe zur Reform der Beiratsstruktur ist gescheitert. Sie wird Innensenator Bernt Schulte (CDU) nicht die geforderten Vorschläge vorlegen, wie in den Ortsämtern zehn bis zwölf Stellen eingespart werden können. Am Ende einer dreitägigen Klausurtagung befand das Gremium, statt die Beiräte weiter kaputtzusparen, sollten sie lieber aufgelöst werden.
Die Arbeitsgruppe aus Beiräten, Ortsamtsleitern und einem Behördenvertreter war zunächst nicht abgeneigt: Laut dem stellvertretenden Gesamtbeitratssprecher Bernd Huse (CDU) konnte man sich einen Kuhhandel mit dem Senator vorstellen – Einsparungen im Tausch gegen erweiterte Beiratsrechte. So hätten die Feierabendpolitiker gern eine haushaltsrechtliche Anbindung der Beiräte erreicht und für alle Entscheidungen eine Konsenspflicht zwischen Beirat und Behörde verankert.
Für die Neuordnung der Beiratsstruktur konnte das Innenressort ein erprobtes „Modell“ vorweisen, auf das es die Kommission „einschwören“ wollte: Wie im Ortsamt West (Findorff, Gröpelingen, Walle) bereits praktiziert, sollten jeweils mehrere Beiräte von einem Ortsamtsleiter betreut werden, der pro Beirat durch einen Sachbearbeiter unterstützt wird.
Allein, hinter den verschlossenen Türen des Tossener Tagungshauses stellte sich heraus, dass das „Modell West“ nicht zur Nachahmung taugt: „Es ist ein Ausbeutungsmodell, das nur funktioniert, wenn die Ortsamtsleiter über Gebühr arbeiten“, sagt der Vegesacker Amtsleiter Rainer Kammeyer. Trotzdem, so Bernd Huse, reichte es „nur zum Verwalten, nicht zum Gestalten“ – obwohl für den ehemaligen West-Amtsleiter Bernd Peters die 40-Stunden-Woche ein Fremdwort sei. Aber selbst die mit mehr Personal betreuten Beiräte tun sich laut Huse schwer, ihr verbrieftes Planungsrecht wahrzunehmen. Bremenweit sei es erst in drei Fällen dazu gekommen. Unabhängig von der Personalausstattung gebe es darüber hinaus starke historische Vorbehalte gegen eine Zusammenlegung von Ortsämtern, vor allem in Bremen-Nord.
Nach langen Debatten, so berichtete Huse vorgestern im Beirat Schwachhausen, habe sich in der Arbeitsgruppe schließlich die Ansicht durchgesetzt, dass bei einer konstanten Zahl von 22 Beiräten keine Personaleinsparungen vertretbar seien. „Das musste sogar Jens Knudtsen vom Innenressort zugeben“, so Huse. Allgemeine Zustimmung habe am Ende die provokative Forderung gefunden, die Beiräte konsequenterweise lieber ganz aufzulösen, als weiter zu sparen. Man könne schließlich nicht immer von direkter Demokratie reden, ohne etwas dafür zu tun.
Damit liegt das Problem jetzt wieder bei Innensenator Schulte. Wenn er die Quadratur des Kreises schaffen will – 22 Beiräte mit weniger Personalausstattung – muss er eine einsame Entscheidung treffen, die nicht von den Betroffenen mitgetragen wird. Das Innenressort will sich zum Thema erst am Ende der Beratungen Anfang Februar äußern. Bis dahin will die Arbeitsgruppe aber nur noch über Einsparmöglichkeiten jenseits des Beiräte-Modells nachdenken. Eine Möglichkeit wäre laut Huse eine weitgehende Verlagerung der politischen Macht von der Stadtbürgerschaft auf eine Bezirksstruktur. Das ist jedoch die denkbar unwahrscheinlichste Variante – das Stadtparlament müsste quasi seine eigene Abschaffung beschließen. not
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