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In den Niederungen der Flugaffären-Aufklärung

Im Untersuchungsausschuss zur Düsseldorfer Flugaffäre versucht die SPD, die Hauptzeugin zu demontieren. Ausschussvorsitzender von der CDU sei „parteilich“

Düsseldorf (taz) – Einsam standen die dreißig Demonstranten in der Kälte vor dem nordrhein-westfälischen Landtag. Versammelt hatten sie sich zu einer „Gebetsmahnwache für eine menschenwürdige Asylpolitik“. Doch auch ihre „We shall overcome“-Gesänge konnten weder Abgeordnete noch Journalisten aus dem warmen Gebäude locken. Denn deren ganze Aufmerksamkeit galt wie auch schon am vergangenen Mittwoch Sabine Wichmann, der Witwe des PJC-Chefpiloten. Ihre Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Düsseldofer Flugaffäre wurde gestern fortgesetzt.

Überraschend war der öffentlichen Sitzung des Ausschusses noch auf Initiative der Grünen ein nicht öffentlicher Teil vorweggestellt worden. Dabei soll es vorrangig um Kritik an dem Ausschussvorsitzenden Rolf Hahn (CDU) gegangen sein. Sein Auftreten am vorangegangenen Verhandlungstag hatte die Ausschussmitglieder von SPD und Grünen verärgert. Der ehemalige Kölner Staatsanwalt hatte nach der Vernehmung Sabine Wichmann als eine glaubwürdige Zeugin bezeichnet. Als Ausschussvorsitzender ist Hahn jedoch zur Unparteilichkeit verpflichtet. Mit seiner Bewertung habe Hahn die noch ausstehenden Aussagen von Johannes Rau und Heinz Schleußer diskreditiert, kritisierten Grüne und SPD.

Im öffentlichen Teil konzentrierten sich die sozialdemokratischen Ausschussmitglieder darauf, die Glaubwürdigkeit Wichmanns zu erschüttern. Eindringlich fragte SPD-Obmann Edgar Moron nach, wann und wohin genau Ex-Ministerpräsident Rau an die Nordsee in die Nähe der Insel Spiekeroog geflogen sei, wo die Familie seiner Frau ein Ferienhaus besitzt. Doch genaue Angaben konnte Wichmann nicht machen. „Ich glaube, dass der Flug sehr lange her ist“, gab die ehemalige Stewardess zu Protokoll. Sie könne sich zudem nur noch daran erinnern, dass der Flug „nach Wittmund oder in die Nähe von Wittmund“ gegangen sei. Moron stellte hingegen fest, es gebe „keinerlei Beweise“ für einen solchen Flug Raus, und kündigte an, die Zeugin bei der nächsten Vernehmung unter Eid aussagen zu lassen.

Unterdessen hat Finanzminister Schleußer vehement der Aussage Wichmanns widersprochen, er sei am 14. Juni 1990 zusammen mit seinen damaligen Kabinettskollegen Klaus Matthiesen und Hans Schwier, „mit Pfeife, Gummistiefeln und Angeln“ bewaffnet, nach Sylt zum Fischen geflogen. Es habe sich vielmehr um eine dienstliche Reise gehandelt, deren Ziel gewesen sei, „sich vor Ort ein Bild von Küstenschutzmaßnahmen“ zu machen. Mit an Bord sei im Gegensatz zu den Ausführungen Wichmanns auch noch der NRW-Sozialminister Herbert Heinemann gewesen. Warum gleich vier NRW-Minister schleswig-holsteinische Küstenschutzmaßnahmen begutachten mussten, erklärte Schleußer nicht. Pascal Beucker

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