: Was war unter Bédié demokratisch?
betr.: „Fahrplan ohne Zeitplan in der Elfenbeinküste“, taz vom 25. 1. 00 u. a.
[...] Durch eure differenzierten Berichte lässt sich auch für Außenstehende nachvollziehen, welche Kräfte dort aus welchen Gründen dies oder jenes tun. Leider tun die Entscheidungsträger in Berlin, Brüssel und anderen Hauptstädten immer noch so, als ob sie von dem, was der frühere Präsident Bédié angerichtet hat, keine Ahnung hätten. Die Erklärungen werden offenbar automatisch per Computer erstellt: Erscheint in irgendeiner Meldung das Wort „Putsch“, spuckt die westliche Regierungsmaschine die Forderung „Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen“ aus. Eine Erklärung darüber, was an den Verhältnissen unter Bédié demokratisch gewesen sein soll, bleibt aus.
Als aufmerksame Beobachter darauf hinwiesen, dass er drauf und dran war, sein Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen, forderte keine Regierung so lautstark „demokratische Verhältnisse“, am allerwenigsten das EU-Mitglied Frankreich. Völlig lächerlich macht sich einmal mehr die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), die droht, den Putsch-General Guei von ihrem nächsten Treffen auszuladen. Dieses Treffen findet ausgerechnet beim letzten Fossil frankoafrikanischer Großmannssucht statt, beim einstigen Putschisten Eyadema in Togo, dessen Politikverständnis in den vergangenen Jahrzehnten von keinerlei demokratischen Gedanken berührt wurde. Immerhin haben die Generäle in Abidjan eine echte Regierung der nationalen Einheit zustande gebracht und damit in wenigen Wochen wahrscheinlich mehr für die Stabilität des Landes getan als Bédié in seinen sechs Jahren Amtszeit. Thomas Mösch, Vorsitzender der
Initiative Pro Afrika, Hamburg
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