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„Liebe taz...“ Schockierender Bericht

Betr.: „Fragen Sie nie nach der Dienstnummer“, taz vom 28.1.00

Euer Bericht über die Misshandlungen von Tim Koehne hat mich sehr schockiert. Ich halte die Aussagen des Jugendlichen für äußerst glaubhaft, denn als ehemals Verhafteter anlässlich der so genannten „Chaostage“ 1996 habe ich das Verhalten von Polizisten hautnah erlebt. Deshalb ist es für mich leicht nachvollziehbar, dass sich Jugendliche, wenn sie durch die Polizei in Todesangst versetzt werden, eben nicht besonnen und ruhig verhalten. Für diese Panikreaktionen sind jedoch eindeutig die beteiligten Beamten verantwortlich.

Wenn die große Koalition derzeit auch noch beabsichtigt, der Polizei weitgehende Rechte bei Verhaftungen und Ingewahrsamnahmen einzuräumen, dann sehe ich die Menschenrechte ernsthaft bedroht. Ich bezweifle, dass es nur einen Passus im neuen Gesetzeswerk geben wird, der den Schutz vor polizeilicher Willkür erhöht.

Es wäre etwa der §16 des bremischen Polizeigesetzes so zu präzisieren, dass die Formulierung, „unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen“ bedeutet, dass die richterliche Vorführung innerhalb einer Stunde geschehen muss. Auch Bestimmungen über das Fesseln Verhafteter, die Belehrung über Rechtsbehelfe oder Kontaktaufnahme mit Familie und Anwälten sind zum Schutz Verhafteter konkreter zu fassen. Für Tim bleibt nur zu hoffen, dass er die psychischen Folgen dieser Tortur halbwegs unbeschadet übersteht.

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