: NS-Opfer nicht besänftigt
Zwangsarbeiter legen Forderungskatalog für neue Verhandlungen in Berlin vor
Berlin (dpa) – In der neuen Runde der Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern wird der Münchner Opferanwalt Michael Witti einen Forderungskatalog mit neun Punkten vorlegen. Ohne maßgebliche Änderungen an dem Gesetzentwurf zur Entschädigung werde es sicherlich keinen Rechtsfrieden geben, sagte Witti gestern in München. In dem Forderungskatalog wird unter anderem die Regelung kritisiert, wonach frühere Entschädigungen auf die Leistungen angerechnet werden sollen.
In dem Neun-Punkte-Katalog wandte sich der Opferanwalt darüber hinaus gegen Pläne, Obergrenzen für Entschädigungsbeträge festzulegen. Zwangsarbeiter der Schwerstverfolgten-Gruppe müssten weltweit den gleichen Betrag erhalten. Darüber hinaus solle überlegt werden, ob nicht bei unterschiedlich langen Zwangsarbeitszeiten für jene Opfer, die besonders lang leiden mussten, ein „minimaler Multiplikator“ eingeführt werde.
Der deutsche Regierungsbeauftragte Otto Graf Lambsdorff, sein US-Kollege Stuart Eizenstat und die Opferanwälte wollte gestern Abend in Washington ihre Verhandlungen fortsetzen. Umstritten ist vor allem die Verteilung der zehn Milliarden Mark, die Berlin und deutsche Unternehmen in einen Fonds einzahlen wollen.
Auch das American Jewish Committee (AJC) in Deutschland verlangte Änderungen am Gesetzesentwurf. AJC-Direktorin Deirdre Berger kritisierte im Deutschlandradio Berlin die geplante Anrechnung früherer Leistungen und die Entschädigung nur von den Zwangsarbeitern, die im Gebiet der deutschen Grenzen von 1937 beschäftigt waren.
Berger rechnet auch nicht mehr mit einer Auszahlung der Entschädigungsgelder vor Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres. „Die Idee, im Sommer auszuzahlen, scheint mir nicht realistisch, wenn Leute die Beweislast zusammenbringen müssen“ und Kriterien definiert werden müssen.
Die Stadt Königs Wusterhausen will sich als eine der ersten deutschen Kommunen an dem Entschädigungsfonds beteiligen. Bürgermeister Jochen Wagner (SPD) sagte, in erster Linie sollten dafür Spenden in der Bevölkerung gesammelt werden.
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