: Pilgern nach Bremen
■ Hamburger Schule zelebriert im Bremer Dom den Namenstag des heiligen Ansgar /Jetzt auch ökumenisches Church-Sharing
Gibt es wirklich Wallfahrten nach Bremen? Rund 1.000 Schüler der katholischen St.-Ansgar-Schule haben sich aus Hamburg auf den Weg gemacht. Die Hansestädte haben nämlich mehr als das „H“ gemeinsam: Der heilige Ansgar war erst Bischof in Hamburg. Nachdem die Normannen ihn von dort verjagten, übernahm der Missionar im Jahre 848 das Erzbistum Bremen. Der „Apostel des Nordens“, der mit Bibel und Schwert in der Hand halb Skandinavien christianisierte, wird zwar allgemein mit Hamburg assoziiert, sein Grab liegt aber unter den Fliesen des Bremer Doms. Dahin sind die Hamburger Schüler am Namenstag des Heiligen zu einer Messe gepilgert, in der sie den dreifachen Ansgar feiern: Neben dem lange verblichenen Bischof heißt nämlich auch ihr Religionslehrer Ansgar und sogar ein Schüler gleichen Namens hat sich gefunden. Die beiden Namensvettern demonstrieren auf ihrer wohl größten Namenstag-Feier moderne Gottesdienstgestaltung: Die Zeremonie beginnt mit einer Talk-Einlage über Freud und Leid des Ansgar-Seins.
Unter den SchülerInnen ist indes das Wissen um das große Vorbild, den unbeugsamen Christianisierer, äußerst unterschiedlich: „Er hat unsere Schule gegründet“ sagt eine, „er hat reformiert“ eine andere. Eine dritte korrigiert: „eher missioniert“. Florian weiß, dass er vor mehr als tausend Jahren Bischof von Hamburg war, für Marina ist er gar der Gründer Hamburgs. „Bischof zur Zeit der Gründung“ tippt Lidja „und er wohnte im Kloster, weil seine Mutter früh gestorben war“. „Er hat auch in Dänemark missioniert“ ergänzt Susanne.
Weihbischof Hans-Jochen Jaschke weiß offensichtlich um die verblassende Attraktivität des Missionars. Seine Predigt beginnt er lieber mit dem allseits bekannten Stefan Raab, der gesagt haben soll, das Vernünftigste habe er in der Kirche gelernt. Die Kurve zum alten Ansgar kriegt der Geistliche eher bemüht: Ansgar hätte bestimmt auch seinen Spaß an Witzen über Maschendrahtzäune gehabt, aber seine Botschaft sei eine des Friedens. Nordeuropas Heiden müssen damals irgendetwas missverstanden haben ... not
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