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Rassenkunde im Großbezirk

■ Im Nordosten der Stadt nehmen rechtsextreme Gewalttaten zu. Auch in Prenzlauer Berg fassen die Rechtsradikalen immer mehr Fuß und referieren über die „arische Rasse“

Der zukünftige Großbezirk Prenzlauer Berg/Pankow/Weißensee bleibt Schwerpunkt rechtsradikaler Aktivitäten. Das geht aus der Antwort von Innensenator Eckart Werthebach auf eine kleine Anfrage der PDS hervor. Jeder siebte Rechtsextremist kommt demnach aus dem Nordosten der Stadt.

Über 400 der insgesamt 2.785 polizeilich bekannten Personen wohnen in Pankow, Prenzlauer Berg oder Weißensee. Die Zahl der festgestellten Straftaten ist dort – entgegen dem berlinweiten Trend – von 8 auf 30 angestiegen.

Besonders im Bezirk Prenzlauer Berg wollen die Rechtsextremen verstärkt Fuß fassen: Erst Mitte November letzten Jahres refererierte dort der führende Neonazi Friedhelm Busse in einer Gaststätte auf Einladung der NPD ungestört über das Thema „Rassenkunde“ und warnte vor der Vermischung der „arischen Rasse“ mit „minderwertigen Rassen“. Handfeste Auseinandersetzungen blieben nicht aus. So überfielen am 13. Mai mutmaßliche Angehörige der rechten Szene einen Imbissstand im S-Bahnhof Greifswalder Straße. Die Polizei nahm 12 Personen fest.

Handgreiflich ging es auch wenige Wochen später zu, als die NPD ihren Kreisverband Prenzlauer Berg ins Leben rufen wollte. Linke lauerten den Teilnehmern auf und griffen sie nach Informationen der Polizei mit Eisenstangen an. Nach einer massiven Schlägerei gab es Verletzte auf beiden Seiten. Die Verbandsgründung erfolgte daraufhin erst Monate später.

Mindestens 8 Treffpunkte der Rechtsradikalen hat der Verfassungsschutz im zukünftigen Großbezirk Prenzlauer Berg/Pankow/Weißensee ausgemacht. Unter anderem sei das „Café Charlott“ in Weißensee als zwischenzeitlicher Treffpunkt der Kameradschaftsszene bekannt geworden.

Die Geschäfte „Two-Flags-Store“ und „Ha-Ra-Kiri“ versorgen die Rechtsradikalen mit dem einschlägigen Outfit. In beiden Läden hat die Polizei bei 8 Hausdurchsuchungen Beweise für den organisierten Vertrieb verfassungsfeindlicher Symbole sichergestellt. Zu möglichen Konsequenzen wollte sich die Innenverwaltung nicht äußern.

Sowohl in Pankow als auch in Prenzlauer Berg agieren neben der NPD auch neonazistische „Kameradschaften“, die sich durch erhöhte Gewaltbereitschaft auszeichnen. So überfielen Mitglieder der „Kameradschaft Germania“ letzen Sommer auf dem Autobahnrasthof Stolpe in Mecklenburg-Vorpommern einen Kleinbus mit politischen Gegnern.

Anders als im Nordosten ist die Zahl der rechtsextremen Straftaten im Rest der Stadt zurückgegangen: Bis Ende November 1999 registrierte das Landeskriminalamt 217 Straftaten, im Vorjahr waren es noch 510. Auch die Gewalttaten gingen von 82 auf 25 Fälle zurück. Die Zahl der bekannten Rechtsextremisten ist dagegen um 90 Personen angestiegen. Neben den genannten Bezirken sind auch Treptow und Lichtenberg Hochburgen der Szene geblieben. Ein schlechtes Licht wirft die Bilanz auf den Osten der Stadt: Von 25 Gewalttaten spielten sich nur 6 in den westlichen Bezirken ab. Nach Einschätzung des polizeilichen Staatsschutzes legen die Rechtsextremen zunehmend konspirative Verhaltensweisen an den Tag.

Andreas Spannbauer

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