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Vor dem Gleichheitsgesetz sind nicht alle gleich

Südafrikas Parlament verabschiedet ein Paket von Antidiskriminierungsgesetzen

Kapstadt (taz) – Eine Parlamentseröffnung wie die gestrige haben Südafrikas Volksvertreter noch nicht erlebt. Kamen sie bislang traditionell Mitte Februar aus den Sommerferien zurück, mussten sie diesmal bereits am 10. Januar erscheinen und danach zum Teil die Nächte hindurch arbeiten.

Der Grund: Die Väter von Südafrikas erster demokratischer Verfassung hatten in dem Bestreben, so viel wie möglich ein für alle Mal festzuschreiben, auch einen Termin für die Verabschiedung einer ganzen Reihe von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsgesetzen gesetzt. Als die Verfassung erarbeitet wurde, schien der 4. Februar 2000 noch unendlich weit weg. Im vergangenen Jahr aber lief den Parlamentariern die Zeit weg, denn die entsprechenden Vorlagen waren mit so heißer Nadel gestrickt, dass sie sich als vollkommen unbrauchbar erwiesen.

Dazu gehört insbesondere ein Gesetz, das „unfaire Diskriminierung“ verbieten soll („Promotion of Equality and Prevention of Unfair Discrimination Bill“). Schon in der Verfassung steht zwar, dass im demokratischen Südafrika niemand mehr auf Grund von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder geschlechtlicher Orientierung diskriminiert werden darf. Nach jahrhundertelanger Unterdrückung ging das dem seit 1994 regierenden ANC aber nicht weit genug. Mittels einer Flut von hochkomplizierten Gesetzen soll Diskrimierung künftig unter bestimmten Bedingungen sogar strafbar sein. Schon im vergangenen Jahr schloss die Regierung eine weitreichende Reform des Arbeitsrechts ab und machte darin ein umfangreiches Affirmative-Action-Programm zur Pflicht. Betriebe mit mehr als 150 Beschäftigten müssen vom Juni dieses Jahres an nachweisen, dass sie ihre Angestellten entsprechend der Zusammensetzung der Bevölkerung quotieren. In der Praxis heißt das, dass auf Jahre hinaus Nichtweiße bevorzugt eingestellt und befördert werden müssen, um die historische Schieflage auf dem Arbeitsmarkt und erst recht in den Führungsetagen auszugleichen. Wer sich nicht daran hält, kann mit saftigen Strafen belegt werden.

Ein weiteres neues Gesetz sieht vor, dass schwarze Betriebe künftig bei allen öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt werden. Dazu kommt nun das 30 Seiten lange Gesetz gegen „unfaire Diskriminierung“. Wer von seinem weißen Nachbarn als „Kaffer“ beschimpft wird, kann künftig vor Gericht klagen. Da in den Definitionen auch der Gesundheitszustand genannt wird, dürfen beispielsweise Versicherungskonzerne künftig HIV-Positiven keine Versicherung mehr verweigern.

Von zentraler Bedeutung für die Anwendung ist allerdings die Bedeutung des Wörtchens „unfair“. Denn das Affirmative-Action-Programm führt auch zu Diskriminierung – diese wird allerdings als gerechter historischer Ausgleich angesehen. Wer also als Weißer in einem Betrieb nicht befördert wird, wird „gerecht“ diskriminiert. Vor Gericht hätte er keine Chance.

Mit Ausnahme einiger Weißer in den Reihen der Nationalen Partei (NNP) und Demokratischen Partei (DP) und ihnen nahestehenden Instituten bestreitet in Südafrika niemand, dass Maßnahmen zur Wiedergutmachung notwendig sind und alltäglicher Rassismus vielleicht nur auszurotten ist, wenn er unter Strafe gestellt wird. Trotzdem gibt es harsche Kritik an dem noch immer unausgegorenen Gesetz.

Denn zum einen wird die Beweislast umgedreht: Der Beklagte muss nachweisen, dass er nicht unfair diskriminiert oder jemand verunglimpft hat. Zum anderen müssen in den ohnehin vollkommen überlasteten Gerichten eigens so genannte Gleichheitskammern eingerichtet werden. Über die Besetzung entscheidet der Justizminister persönlich – für die DP ein Grund, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Sie befürchtet, dass damit nur dem ANC nahe stehende Richter ausgewählt werden.

Das ganze Paket von Gesetzen wurde in der vergangenen Woche vom Parlament verabschiedet und ist seit gestern in Kraft. Viele Juristen gehen allerdings davon aus, dass vor allem das Gleichheitsgesetz noch mehrmals novelliert werden muss, weil es praktisch kaum anwendbar ist und mit anderen Gesetzen kollidiert.

„Durch Gesetze wird allenfalls ein Prozess in Gang gesetzt“, warnt auch Steven Friedman vom Centre for Policy Studies in Johannesburg vor der Erwartung, dass nun Rassismus im Alltag verschwinden würde. „Die Gesetze können Regeln definieren, aber der Prozess selbst wird Jahrzehnte dauern.“ Kordula Doerfler

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