: Aufsichtsrat stimmt Fusion zu
Auch die Beschäftigtenvertreter stimmen der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone zu. Begeistert sind sie nicht: Nur 33.000 Arbeitsplätze bleiben ■ Von Hannes Koch
Berlin (taz) – Der Aufsichtsrat der Mannesmann AG hat gestern dem Zusammenschluss mit dem britisch-amerikanischen Mobilfunkkonzern Vodafone-Airtouch zugestimmt. „Mit großen Bauchschmerzen tragen wir die Entscheidung mit“, sagte Aufsichtsrat-Mitglied Rainer Schmidt von der IG Metall. Die VertreterInnen der Beschäftigten hätten die Zusicherung erhalten, dass die Telefon-Festnetz-Gesellschaft Arcor nicht verkauft werde. Außerdem wolle Vodafone für die Röhrenproduktion von Mannesmann neue „strategische Partner“ suchen und das traditionsreiche Geschäftsfeld damit nicht einfach abwickeln.
Am vergangenen Donnerstag hatten sich die Vorstände von Mannesmann und Vodafone auf die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens verständigt, an dem Mannesmann 49,5 Prozent der Anteile halten soll. Die Mehrheit geht an Vodafone. Der Mobilfunk-Konzern hatte gedroht, Mannesmann gegen dessen Willen zu übernehmen, und offenbar entscheidende Aktionäre auf seine Seite gezogen. Deshalb hatte Mannesmann-Chef Esser schließlich klein beigegeben. Nun entsteht das mit rund 700 Milliarden Mark Börsenwert viertteuerste Unternehmen des Globus und zugleich der weltgrößte Anbieter von Mobilfunk.
Der Betriebratsvorsitzende der Mannesmann AG, Friedrich Apfelbaum, beschrieb die „große Enttäuschung“ der Belegschaft. Die ArbeiterInnen und Angestellten hatten bis zuletzt gehofft, dass Mannesmann sich Vodafone nicht unterordnen müsse. Nun wird es so aussehen, dass die Konzernzentrale nach Großbritannien verlegt wird, was in Düsseldorf Jobs und die verbleibenden Beschäftigten Mitspracherechte kosten wird. Für die deutschen Produktionsstandorte bleibt allerdings diese hiesige Mitbestimmung erhalten.
Stimmt auch die Hauptversammlung von Mannesmann der ungleichen Fusion zu, wird der Konzern in den kommenden Monaten grundsätzlich umgestaltet. Von heute rund 116.000 Arbeitsplätzen behält das Gemeinschaftsunternehmen mit Sicherheit nur rund 33.000 Angestellte. Diese sind in der modernen Branche der Telekommunikation beschäftigt, etwa bei Mannesmann-Mobilfunk, Arcor oder Omnitel. Auf diese Sparten hatte es Vodafone abgesehen, dort wird in Zukunft das Hauptgewicht der Geschäftsentwicklung liegen.
Die übrigen rund 83.000 Beschäftigten von Mannesmann arbeiten in den traditionellen Geschäftsfeldern. Fast alle werden sich deshalb darauf einrichten müssen, dass demnächst ihr Arbeitgeber wechselt.
Die zu erwartenden Abspaltungen in naher Zukunft betreffen unter anderem das Mannesmann-Geschäftsfeld Engineering. Dazu gehört Krauss-Maffei, Hersteller von Kampfpanzern mit seinen rund 10.000 Beschäftigten ebenso wie Dematic (Kräne, 14.500 Beschäftigte) und Rexroth (Hydraulik, 2.500 Leute). Einen ähnlichen Weg wird die Sparte „Automotive“ mit den beiden Mannesmann-Töchtern VDO und Sachs gehen. Mit rund 43.000 Leuten stellen sie unter anderem Kfz-Instrumente, Federn und Kupplungen her.
Diese Geschäftsfelder wird Vodafone-Chef Chris Gent in Form einer Aktiengesellschaft schnell an die Börse bringen lassen – was auch Noch-Mannesmann-Vorstand Klaus Esser getan hätte. In welche Hände das Unternehmen dann gerät und was mit ihm passiert, steht in den Sternen.
Ob sich für das Geschäft mit Pipeline-Rohren für Gas, Öl und Wasser, der historischen Keimzelle des Konzerns, tatsächlich Partner finden lassen, muss ebenfalls die Zukunft zeigen. Bei den Röhren arbeiten heute noch rund 12.000 Beschäftigte.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) begrüßte die Einigung zwischen den Vorständen gestern. Es handele sich nun nicht mehr um eine feindliche Übernahme, vor der Schröder im vergangenen Jahr noch gewarnt hatte, sagte eine Sprecherin.
Die Europäische Kommission erwartet, dass Vodafone-Mannesmann sich bald von der britischen Mobilfunk-Tochter Orange trennt. Sonst hätte das neue Unternehmen in Großbritannien eine marktbeherrschende Stellung inne. Derweil hat Vodafone das Umtauschangebot für die Aktien von Mannesmann bis zum 17. Februar verlängert.
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